
Hannah Arendt und Theodor W. Adorno: Eine Feindschaftsbeziehung? Seminarleitung: Eva von Redecker Als eine „abscheuliche Gesellschaft“ bezeichnete Arendt einmal die Frankfurter Schule: der Marxist Adorno käme ihr nicht ins Haus. Adorno selbst nannte sie deshalb ein „altes Waschweib“. Die persönliche Feindschaft zwischen Arendt und Adorno ist an unzähligen Stellen belegt. Philosophisch werden die beiden AutorInnen jedoch tatsächlich kaum... weiterlesen
„Möglichkeitssinn“, Konkurrenz und Optimierung. Robert Musils »Mann ohne Eigenschaften« und die Ökonomisierung des Sozialen Seminarleitung: Michael Makropoulos In der individuellen Fähigkeit zur Selbstverwirklichung sahen bereits die Aufklärer des 18. Jahrhunderts die Autonomie des Subjekts gegen die Zwänge der Tradition begründet. Was man mit großem emanzipatorischen Pathos ‚Freiheit’ genannt hat, ist die Realisierung unverwirklichter Möglichkeiten. Robert Musil hat in... weiterlesen
Frantz Fanon über (anti-)koloniale Gewalt: Ein politischer Skandal Seminarleitung: Onur Erdur Man nennt es das kommunistische Manifest der antikolonialen Revolution. Nicht nur die Befreiungsbewegung in Algerien ließ sich von Fanon inspirieren, sondern beispielsweise auch die US-amerikanische Black Panther-Bewegung und der palästinensische Widerstand gegen die israelische Besatzungspolitik. Fanons 1961 veröffentlichtes Werk »Die Verdammten dieser Erde« löste einen heftigen Skandal... weiterlesen
Klimawandel, Überwachung, ein entfesselter Kapitalismus – wo gegenwärtige Zustände vorwiegend in Form permanenter Krisenhaftigkeit gedacht werden, bleibt auch die Zukunft nicht verschont. Utopische Entwürfe werden rar, vielmehr dominieren Schreckensszenarien den Diskurs: Dystopien haben im Moment Hochkonjunktur. Auch die Literatur der Gegenwart wendet sich in verstärkt dystopischen, anti-utopischen Szenarien zu: sie erzählt vom Verlust der Identität im digitalen Zeitalter, von totaler... weiterlesen
Die Unterscheidung von „Massenkultur“ und „Kulturindustrie“ steht nicht nur für die semantische, sondern auch für die sachliche Differenz, in der es um die theoretische Bestimmung und die politische Bewertung der ‚Ästhetisierung des Sozialen‘ im 20. Jahrhundert geht. Diese Differenz konzentriert sich in der Frage, ob die Technisierung oder die Ökonomisierung des Ästhetischen das entscheidende Moment einer Vergesellschaftung ist, die nicht... weiterlesen
Seminarleitung: Antonio Lucci und Nicola Zambon Contact und contagious, contatto und contagio: die englische und die romanischen Sprachen weisen gemeinsame etymologische Wurzeln von zwei Begriffen auf, Berührung und Ansteckung, die miteinander deutlich verzahnter sind, als wir es noch bis vor kürzester Zeit wahrnehmen konnten. Doch der naturwissenschaftliche Befund, eine Krankheit könne sich auch durch Berührung verbreiten, ist eine späte... weiterlesen
Seminarleitung: Jenny Kellner Der französische Autor Georges Bataille, in Deutschland vor allem für seine erotischen bis pornographischen Erzählungen bekannt, war nicht nur Literat, sondern auch Kritiker, Essayist und Philosoph. Seine Theorie einer „allgemeinen Ökonomie“ findet heute, angesichts der Sackgassen, in die eine bereits als Ende der Geschichte deklarierte Weltwirtschaftsordnung zunehmend gerät, verstärktes Interesse. Die allgemeine Ökonomie Batailles... weiterlesen
Erzählungen von Freundschaft zwischen Frauen haben in der zeitgenössischen Literatur Konjunktur. Gleichzeitig lässt sich auch im akademischen Diskurs über Freundschaft – in den Literatur- und Kulturwissenschaften, der Philosophie und Soziologie – eine feministische Neuverhandlung eines Themas beobachten, das über Jahrhunderte hinweg eher männlich geprägt war. Das Seminar möchte dem Phänomen der Freundinnenschaft auf den Grund gehen, indem es zum einen... weiterlesen
In der Klimabewegung ist heute oft die Rede davon, man solle sich nicht mit den Systemdebatten des 20. Jahrhunderts aufhalten, sondern ‚nach vorn gewandt‘ über gesellschaftliche Veränderungen nachdenken. Das klingt in Anbetracht der verheerenden Umweltbilanz der sozialistischen Staaten auf den ersten Blick sehr vernünftig. Trotzdem stellt sich die Frage, ob sich die ökologische Krise der Gegenwart ohne Kapitalismuskritik verstehen lässt.... weiterlesen
Die Corona-Pandemie hat die Krise der Care-Arbeit verschärft: In Krankenhäusern mangelt es an Pflegepersonal, die bisherigen Pfleger:innen sind überarbeitet und schlecht bezahlt. Angehörige von Menschen mit Behinderungen müssen während der Schließung von Einrichtungen deren Betreuung und Pflege übernehmen. Eltern verzweifeln an der Anforderung, im Homeoffice ihren Dienst zu erfüllen und zugleich kleinere Kinder zu betreuen oder größere im Homeschooling anzuleiten.... weiterlesen
Kaum eine menschliche Beziehung ist so komplex wie die zwischen Mutter und Tochter. Denn kaum eine ist so eng. Mütter und Töchter unterstützen und verletzen sich, sehnen sich nach gegenseitiger Nähe und ringen um Abgrenzung. In unserem Seminar diskutieren wir zwei literarische Darstellungen dieser sozialen Beziehung – Elena Ferrantes Lästige Liebe (1992) und Annie Ernaux’ Eine Frau (1987).... weiterlesen
Unsere Zivilisation ist beherrscht vom Privateigentum: Jedes Ding und jeder Gegenstand gehört jemandem, alles ist wie unsichtbar mit einem Namen bedruckt. Das private Eigentum ordnet alles irgendjemandem zu, egal ob das mein Lieblingsfüller ist, mit dem ich seit Jahren jeden Tag schreibe oder eine Aktie, die mir fiktiv ein Eigentum an irgendeinem Konzern auf einem anderen Kontinent bedeuten soll. Es... weiterlesen
„Amo heißt volo, ut sis, sagt einmal Augustinus: ich liebe Dich – ich will, daß Du seiest, was Du bist.“ Diesen außergewöhnlichen Satz schreibt Heidegger am 13. Mai 1925 an seine Studentin – und Geliebte – Hannah Arendt. Wie grundlegend für Heidegger das Augustinus Zitat war, zeigt, dass er sich nicht nur in der persönlichen Korrespondenz auf diese Formulierung beruft,... weiterlesen
Zur Bewältigung der Klimakrise, der politischen und sozio-ökonomischen Verhältnisse der Gegenwart findet ein vernetzendes und verflechtendes Denken immer mehr Verbreitung. Es geht um ein Denken, das der Arbeit an komplexen Weltzusammenhängen gerecht werden möchte, indem es die Multiplizität dieser Vorgänge in sich aufnimmt – um Geschichten für eine andere Zukunft zu erzählen. Eine der prominentesten Vertreter:innen eines solchen hybriden Denkens ist... weiterlesen
Die Autofiktion ist Hoch im Kurs. Ob Annie Ernaux, Édouard Louis oder Didier Eribon, sie hat momentan das Potenzial zum Bestseller. Dabei ist sie eine zwittrige Gattung. Sie changiert zwischen fiktionalem und faktualem Erzählen, zwischen Memoir und Erfindung, Wirklichkeit und Täuschung. Das Erzählte wird verbürgt mit dem Namen der Autor*in. Das eigene Leben, aber als Roman? Im ersten Teil des... weiterlesen
Kaum ein Begriff erwies sich in den gesellschaftsdiagnostischen Debatten der vergangenen Jahre so erfolgreich und anschlussfähig wie der von dem Soziologen Andreas Reckwitz geprägte Begriff der ‚Neuen Mittelklasse‘. Die Bezeichnung überzeugt in Journalismus, Kultur und Wissenschaft wohl nicht zuletzt deshalb, weil er ihnen eine besondere gesellschaftstragende Relevanz zuspricht und überhaupt die Selbstbilder bestimmter Milieus zu bestätigen scheint. Darüber hinaus steht... weiterlesen
Immer mehr Wissenschaftler:innen bestätigen die These, dass wir in einem neuen geologischen Zeitalter leben. Es wird das Anthropozän genannt. Der Name soll zum Ausdruck bringen, dass „die Menschheit“ zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren auf die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde geworden ist. Doch wer ist eigentlich mit Menschheit gemeint? Wann hat es angefangen? Und warum? Zwei Autorinnen,... weiterlesen
Capitalism, as Walter Benjamin has once put it, relies on the idea of a “progression through a homogenous, empty time”. He suggests that it is our very understanding and affective relation to a progressive, continuous, and linear notion of time that solidifies and reproduces it. Since its advent, queer theory has asked how heteronormativity relies on linear notions of time... weiterlesen
Simone Weil gehört zu den facettenreichsten Denkerinnen des 20. Jahrhunderts. Als eine der ersten Frauen studierte sie in den 1920er Jahren Philosophie an der prestigeträchtigen Pariser École Normale Supérieure. Neben dem Studium und später als Philosophielehrerin engagierte sie sich in der französischen Arbeiter*innenbewegung, war kurzzeitig Hilfsarbeiterin in Metallfabriken und kämpfte im Spanischen Bürgerkrieg. Mit ihrer Familie floh sie später ins... weiterlesen
Die Rassismuskritik hat in Deutschland in den letzten Jahren deutlich Aufwind bekommen. Kämpfe Geflüchteter, migrantischer Widerstand gegen rassistischen Terror und die Proteste um Black Lives Matter haben das Thema Rassismus nach Jahrzehnten des Schweigens endlich auf die Agenda gebracht. Gleichzeitig haben Konzepte wie struktureller und alltäglicher Rassismus, weiße Privilegien, kulturelle Aneignung oder Mikro-Aggression Eingang in die mediale Diskussion erhalten. ... weiterlesen
Nach Bekanntwerden der NSU-Morde haben antirassistische und migrantische Initiativen verstärkt auf die Verleugnung struktureller rassistischer Gewalt hingewiesen und die Aberkennung von Trauer und Verlust verurteilt, die die Betroffenen erfahren. Diese Initiativen haben politische Archive affektiven Gedenkens und alternativer Aufklärung gegründet, die sich gegen strukturelle Opfer-Täter-Umkehrungen und die Entwirklichungen von Trauer und Verlust wenden. Diese Archive werfen die Frage auf, wie... weiterlesen