1923, vor 100 Jahren, betrat Fleißer mit ihrem ersten Text »Meine Zwillingsschwester« die literarische Bühne. Schnell wurde ihre Begabung erkannt, wird sie durch Feuchtwanger und Brecht gefördert, von Kerr und von Jhering gelobt – und gehört nach 1945 zu den vergessenen Autor*innen. Obwohl ihr singulärer Rang mittlerweile außer Frage steht, ist die Werkrezeption bis heute Konjunkturen unterworfen. Woran liegt das, was sind die (sperrigen) Spezifika ihres Œuvres? Was sagt uns Fleißer heute noch, wo muss sie neu erschlossen werden? Und wie nahm Fleißer selbst ihren (Nicht-)Ruhm wahr? – Fragen, die im litera- rischen und biografischen Kontext erschlossen werden sollen.
Programm
Mo 03.07.2023
Leben und Werk Fleißers
1923, vor 100 Jahren, betrat Fleißer mit ihrem ersten Text »Meine Zwillingsschwester« die literarische Bühne. Schnell wurde ihre Begabung erkannt, wird sie durch Feuchtwanger und Brecht gefördert, von Kerr und von Jhering gelobt – und gehört nach 1945 zu den vergessenen Autor*innen. Obwohl ihr singulärer Rang mittlerweile außer Frage steht, ist die Werkrezeption bis heute... weiterlesen
Di 04.07.2023
Rückblick auf die Avantgarde
Fleißers Roman »Avantgarde« (1963) bietet einen intimen Einblick in die Produktionsweisen der urbanen Künstler-Zirkel der Weimarer Republik. Was nimmt Fleißer aus weiblicher, randständiger Position wahr und wie weicht das ab vom Selbstverständnis der künstlerischen Eliten? Zudem soll der Begriff »Avantgarde« als ein weitgefasster Ausgangspunkt genutzt werden, um nach den aktuellen Produktionsverhältnissen im Literatur- und Theaterbetrieb... weiterlesen
Fleißers Roman »Avantgarde« (1963) bietet einen intimen Einblick in die Produktionsweisen der urbanen Künstler-Zirkel der Weimarer Republik. Was nimmt Fleißer aus weiblicher, randständiger Position wahr und wie weicht das ab vom Selbstverständnis der künstlerischen Eliten? Zudem soll der Begriff »Avantgarde« als ein weitgefasster Ausgangspunkt genutzt werden, um nach den aktuellen Produktionsverhältnissen im Literatur- und Theaterbetrieb und dem innovativen Potenzial der Gegenwartsliteratur und -dramatik zu fragen. Oder ergibt der Begriff heute gar keinen Sinn mehr?
Mi 05.07.2023
Klassenverhältnisse und Körperpraktiken
Bei Fleißer werden Klassenverhältnisse nicht behauptet, sondern vor allem sprachlich repräsentiert. Fleißer zeige, so Walter Benjamin, »die namenlose Verwirrung, mit der das volkstümliche Sprechen sich auf den Weg macht, die Stufen der sozialen Redeleiter hinanzuklimmen, das ›feine‹, ›gehobene‹ Deutsch der herrschenden Klassen zu sprechen.« Körperpraktiken – »sporteln, rauchen, lieben« – zeigen milieuspezifische Dimensionen. Auch in... weiterlesen
Bei Fleißer werden Klassenverhältnisse nicht behauptet, sondern vor allem sprachlich repräsentiert. Fleißer zeige, so Walter Benjamin, »die namenlose Verwirrung, mit der das volkstümliche Sprechen sich auf den Weg macht, die Stufen der sozialen Redeleiter hinanzuklimmen, das ›feine‹, ›gehobene‹ Deutsch der herrschenden Klassen zu sprechen.« Körperpraktiken – »sporteln, rauchen, lieben« – zeigen milieuspezifische Dimensionen. Auch in der Gegenwartsliteratur wird unter dem Stichwort »Klassismus« wieder nach den sozialen Verhältnissen gefragt: Was geben die alten, was geben die neuen Texte zu lesen auf?
Do 06.07.2023
»keine Brecht-Nachfolgerin im Schreiben«. Sprache und Drama
Fleißer wollte so »primitiv, aber deutlich schreiben wie Kinderzeichnungen sind«. Entstanden sind Texte, die Elfriede Jelinek überlegen ließen, sie Wort für Wort abzuschreiben: »Das wäre eine Übung, es wäre DIE Übung, ich würde lernen, die Menschen abzuschätzen.« Wie lässt sich Fleißers Schreiben charakterisieren? Wie lassen sich Fleißers Stücke heute inszenieren, wo sind sie zeitgebunden und... weiterlesen
Fleißer wollte so »primitiv, aber deutlich schreiben wie Kinderzeichnungen sind«. Entstanden sind Texte, die Elfriede Jelinek überlegen ließen, sie Wort für Wort abzuschreiben: »Das wäre eine Übung, es wäre DIE Übung, ich würde lernen, die Menschen abzuschätzen.« Wie lässt sich Fleißers Schreiben charakterisieren? Wie lassen sich Fleißers Stücke heute inszenieren, wo sind sie zeitgebunden und sind eigentlich nur die Ingolstädter Dramen von Interesse? Der Diskussion geht die Probe aufs Exempel in Form einer Performance voraus, die als »Erzählte Literatur« Fleißers Drama »Fegefeuer in Ingolstadt« vorstellt.
Fr 07.07.2023
Fleißer und die weibliche Moderne
Fleißer zählt mit Irmgard Keun, Vicki Baum, Gabriele Tergit und anderen Schriftstellerinnen der Weimarer Republik zur »Weiblichen Moderne«. Zum Abschluss der Themenwoche soll deshalb der Blick auch auf weitere Autorinnen gerichtet und Fleißers Werk in einen größeren kultur- und literarhistorischen Kontext gerückt werden: Was sind die Themen dieser weiblichen Avantgarde, wo unterscheiden sich die Autorinnen,... weiterlesen
Fleißer zählt mit Irmgard Keun, Vicki Baum, Gabriele Tergit und anderen Schriftstellerinnen der Weimarer Republik zur »Weiblichen Moderne«. Zum Abschluss der Themenwoche soll deshalb der Blick auch auf weitere Autorinnen gerichtet und Fleißers Werk in einen größeren kultur- und literarhistorischen Kontext gerückt werden: Was sind die Themen dieser weiblichen Avantgarde, wo unterscheiden sich die Autorinnen, wo bestehen Gemeinsamkeiten? Beschlossen wird der Abend mit einer Lesung ausgewählter Texte Fleißers durch die Schauspielerin Eva Sixt.