Kriminalliteratur ist immer politisch. Ihre Kernthemen sind Gewalt und Verbrechen. Und die finden immer gleichzeitig im öffentlichen und im privaten Raum statt. Genauer nachzufragen ist allerdings, wo und wie das Politische von Kriminalliteratur und das Politische in Kriminalliteratur sich manifestieren.
Wenn das Politische explizites Thema von Kriminalliteratur ist, liegt die Frage nach der Funktion solcher Text nach: Benutzen sie Politik als Hintergrund oder Kulisse für ihre Geschichte oder mischen sie sich beispielsweise in aktuelle Diskurse ein, indem sie etwa offizielle Standpunkte relativieren oder dementieren?
Aber das Politische kann auch „maskiert“ sein. Es steckt dann etwa in den Realitätsausschnitten, die erzählt werden oder, noch signifikanter, in denen, die nicht erzählt werden. Denn daraus leiten sich die Bilder und Vorstellungen ab, die wir uns von „Verbrechen“ machen.
Oft ist das Politische auch maskiert als Perspektive: Wer erzählt was? Welche Hierarchien werden daran sichtbar? Wie sind die Rollen gender-mäßig verteilt? Welches Personal bekommt Stimmen, welches nicht? Welches ist zentral, welches peripher?
Wie inszeniert sich das Verhältnis von Tätern und Opfern? Haben literarische Techniken wie Polyphonie oder Karnevalisierung, haben das Komisch, das Groteske und Bizarre politische Implikationen?
Ist nicht auch die „meaning of structure“ eine Maske des Politischen? Inwieweit ist das weitverbreitete Schema von Mord-Ermittlung-Aufklärung schon a priori (ordnungs-)politisch besetzt?
Diese und weitere Aspekte sollen in der Reihe „Masken des Politischen“ behandelt werden.
Projektleitung: Thomas Wörtche