40. Gründungsjahr Brecht-Zentrum der DDR (1978–1990)
Holger Teschke im Gespräch mit der Fotografin Maria Steinfeldt
Am 9. Februar 1978, dem Vorabend von Brechts 80. Geburtstag, wurde das Brecht-Haus Berlin feierlich der Öffentlichkeit übergeben. Dieses Datum ist zugleich die offizielle Geburtsstunde des Brecht-Zentrums der DDR, das als Hausherr des Brecht-Hauses fungierte, sich als Vermittlungs- und Kommunikationsschnittstelle in Sachen Brecht verstand und sich sowohl an Forscher und Experten als auch an interessierte Laien richtete: in Form von Besucherangeboten, Abendvorträgen, Filmvorführungen, durch Publikationen und nicht zuletzt in Form der jährlich ausgerichteten Brecht-Tage, die bis in die Gegenwart fortgesetzt werden. Weitergeführt als Brecht-Zentrum (nicht mehr „der DDR“), dann – in neuer Trägerschaft und konzeptioneller Ausrichtung – als BrechtZentrumBerlin, ist es heute – nach erneuter Namensänderung – das Literaturforum im Brecht-Haus, das in der Nachfolge des Brecht-Zentrums der DDR steht. Das 40. Gründungsjubiläum ist Anlass, an Geschichte und Arbeit des Brecht-Zentrums der DDR (1978–1990) zu erinnern. Mit Beiträgen von Antony Tatlow und Steffen Mensching, anschließend kleiner Empfang und Ausstellungseröffnung: „Das Brecht-Zentrum der DDR (1978–1990) in der Fotografie von Maria Steinfeldt“. Holger Teschke im Gespräch mit der Fotografin.
Näheres zur Ausstellung, die durch die freundliche Unterstützung des Archivs der Akademie der Künste, Berlin, ermöglicht wurde, unter folgendem Link: Ausstellung Brecht-Zentrum
„Wie lange / Dauern die Werke? So lange / Als bis sie fertig sind“
Brecht und das Fragment
Im Brechtnachlass finden sich nahezu fünfzig Stückfragmente, dennoch haben Forschung und Bühne eine Vorliebe für das vollendete Stück. Die Unterscheidung ist oft scharf: das ganze Werk auf der einen Seite, das Fragment auf der anderen. Kann sie aufrechterhalten werden? Ist das Fragmentarische, Unfertige nicht auch in Brechts vollendete Werke eingeschrieben und nicht auch genuiner Bestandteil der künstlerischen Verfahren? Und sind diese Fragmente im eigentlichen Sinne nicht viel mehr als bloße ‚Ruinen’, sind sie nicht auch Rohbau und Entwurf? Diesen Fragen werden die Brecht-Tage nachgehen, nicht zuletzt, um darüber nachzudenken, was es für Inszenierung, Forschung und Übersetzung für Folgen hätte, wenn auch das vollendete Werk vom Fragmentarischen her verstanden wird.
Projektleitung: Astrid Oesmann und Matthias Rothe
Fragment versus System, Kritik und Krise. Nach Brecht
Moderation: Astrid Oesmann
Das Fragment ist eine ästhetische Form der Kritik und der Krise: Aufgehoben wird mit dem Fragment das System, ohne das Systematische preiszugeben. Und so wird die ästhetische Form politisch: In Zeiten der Systemkrise lässt sich in Fragmenten adäquat Kritik des Systems formulieren und überhaupt denken. Auch Brecht nutzt die Form des Fragments. Was passiert aber nach Brecht mit dem Verhältnis von Fragment versus System, Kritik und Krise?