In diesem Frühjahr kommen zum zweiten Mal 10 Verlage mit Sitz in Berlin ins Literaturforum im Brecht-Haus und bringen 10 Autor*innen mit. Auf zwei Bühnen, parallel im Brecht-Keller und im Saal des Literaturforums, werden die Autor*innen von Verlagsmitarbeitenden kurz vorgestellt, bevor 10 Minuten gelesen wird. Beim anschließenden Ausklang gibt es die Gelegenheit, mit den Teilnehmenden ins Gespräch zu kommen. Willkommen bei »Seitenrauschen«, dem Frühjahrslesefest mit Berliner Verlagen!

© Anna G. Zeller

Programm

Do. 05.06.2025

19:00 bis 21:00
Kurzlesungen, Party
Mit Paulina Czienskowski (Blumenbar/Aufbau), Sascha Ehlert (Claassen/Ullstein), Finn Job (Wagenbach), Christiane Frohmann (Mikrotext), Enis Maci/Pascal Richmann (Suhrkamp), Anna Melikova (Matthes & Seitz Berlin), Christoph Narholz (MÄRZ), Maxi Obexer (weissbooks), Karina Papp (etece) und Florentin Schumacher (Voland & Quist)

Seitenrauschen ~ Frühjahr ’25.
Lesefestival Berliner Verlage

In diesem Frühjahr kommen 10 Verlage mit Sitz in Berlin ins Literaturforum im Brecht-Haus und bringen 10 Autor*innen mit. Auf zwei Bühnen, parallel im Brecht-Keller und im Saal des Literaturforums, werden die Autor*innen von Verlagsmitarbeitenden kurz vorgestellt, bevor 10 Minuten... weiterlesen

In diesem Frühjahr kommen 10 Verlage mit Sitz in Berlin ins Literaturforum im Brecht-Haus und bringen 10 Autor*innen mit. Auf zwei Bühnen, parallel im Brecht-Keller und im Saal des Literaturforums, werden die Autor*innen von Verlagsmitarbeitenden kurz vorgestellt, bevor 10 Minuten gelesen wird. Beim anschließenden Ausklang gibt es die Gelegenheit, mit den Teilnehmenden ins Gespräch zu kommen. Willkommen bei »Seitenrauschen«, dem Frühjahrslesefest mit Berliner Verlagen!

Mit Paulina Czienskowski »Dem Mond geht es gut« (Blumenbar/Aufbau), Sascha Ehlert »Palo Santo« (claassen/Ullstein), Finn Job »Damenschach« (Wagenbach), Christiane Frohmann »Vier Wochen« (Mikrotext), Enis Maci/Pascal Richmann »Pando« (Suhrkamp), Anna Melikova »Ich ertrinke in einem fliehenden See« (Matthes & Seitz Berlin), Christoph Narholz »Wide Bodied Jets« (MÄRZ), Maxi Obexer »Odysseus' Hund« (weissbooks), Karina Papp »Zungenbrecher« (etece) und Florentin Schumacher »Anschlussfehler« (Voland & Quist)

Eintritt: 8,- € / ermäßigt: 6,- €
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Bücher

»Dem Mond geht es gut« von Paulina Czienskowski

Mit der Geburt ihres Kindes blickt eine junge Frau anders in die Welt. Wörter schwinden, während Liebe und Verlustphantasien sie vereinnahmen. Erst jetzt erkennt sie, wie stumm ihre Mutter und Großmutter im Leben stehen. Wie sie versäumt haben, ihre eigenen zu erzählen. Wie Fragen nach Zugehörigkeit und Brüchen ständig einsickern. Mit tastender Genauigkeit nähert sie sich den sprachlosen Rätseln, zeichnet sinnlich wie schonungslos ihre Leben inmitten des Nebels ihrer Gedächtnisse nach. Denn woher soll ein Kind wissen, wohin es geht, wenn es nicht weiß, woher es kommt? In ihrem neuen Roman zeigt Paulina Czienskowski in zyklischen Bewegungen, was es bedeutet, zum Echo zu werden – drei Frauen, drei Mütter und ein neues Leben, das enttarnt, als wäre alles mit Spiegelfolie ausgekleidet.

Cover des Romans "Dem Mond geht es gut"

»Palo Santo« von Sascha Ehlert

Golo und Hedi, zwei junge Kulturschaffende, haben beschlossen, ihr Leben miteinander zu verbringen. Nur eine Berliner U-Bahnstation und einige Jahrzehnte trennen die beide vom legendären Filmregisseur Billy Wilder.

Die drei eint: Nicht nur Berlin, sondern auch ein Leben in einem Europa an der Schwelle zur Düsternis. Während Billy ein Deutschland auf dem Weg in den Nationalsozialismus erlebt, sehen Hedi und Golo dabei zu, wie das Freiheitsversprechen ihrer Welt drastische Risse bekommt. Ein Gedanke beim Aufwachen, beim Duschen, beim Bahnfahren: wir gehen lieber zu früh als zu spät. Ihr Weg führt die drei unabhängig voneinander nach Los Angeles, der pulsierenden Metropole zwischen Traum und Alptraum, die sie umgehend in ihren Sog nimmt.

Zwischen Luxussupermärkten und Hollywood-Historie, Palmen und Utopien, feministischen Stripclubs und heiligen Dufthölzern müssen Billy, Hedi und Golo ganz verloren gehen, bevor sie erkennen können, wovor sie davongelaufen sind.

Sascha Ehlerts Romandebüt erzählt ein transatlantisches, die Grenzen der Zeit sprengendes Abenteuer, eingewebt in ein Netz aus Pop- und Filmzitaten. »Palo Santo« ist aber auch: eine Geschichte von der größten Liebe in Zeiten der größten Ungewissheit.

Buchcover des Romasn "Palo Santo"

»Damenschach« von Finn Job

Zertrampelte Rosen, zerschmetterte Vasen, eine Puppe im Pool. Fünf erhitzte Figuren feiern Geburtstag – mitten im Wald. Sie essen zu wenig, trinken zu viel, verheddern sich gesprächsweise. Und bei Tagesanbruch vermag niemand zu sagen, ob sie sich retten werden…

Eingeladen hat Marie-Louise niemanden, und doch klingelt ihr »Hausfreund« David, ausgestattet mit Blumen und Champagner, schon vor dem Frühstück. Sie ist noch im Pyjama. Angekündigt hat sich hingegen ihr eineiiger Zwilling, der neuerdings Marius heißt, um gemeinsam den runden Geburtstag zu feiern. Nur kommt er nicht allein. Seine Freundin Olivia weckt allerhand Begehrlichkeiten, und großen Hunger hat sie auch. Die Haushälterin Ivana führt unbemerkt Regie, behält die Ruhe und alles im Blick.

Eine exzentrisch überfüllte Architektenvilla im Wienerwald wird zur Bühne dieser zunehmend schrillen Dinnerparty, die vom Pizzaservice beliefert wird. Die Stimmung ist ebenso angespannt wie erotisch aufgeladen. Es wird laufend nachgeschenkt und vor allem gestritten. Darüber, wie man wurde, was man ist, was gesagt werden darf und zu befürchten wäre und wohin das alles führen kann. Irgendwann fällt ein Schuss. Ob Marie-Luise am nächsten Tag zum Damenschach gehen kann, ist durchaus ungewiss.

Dieser satirische Roman überzeichnet und entlarvt schwungvoll den grotesken Leerlauf der öffentlichen Rede. Eine intelligente, gegenwärtige Komödie in fünf Akten, die auch von den Sehnsüchten ihrer liebenswürdigen Figuren erzählt.

Buchcover von Damenschach

»Vier Wochen« von Christiane Frohmann

Mit einem großzügig bemessenen Ferienaufenthalt auf einer italienischen Insel will ein Paar gemeinsam mit den nun volljährigen Söhnen symbolisch die Lebensphase als klassische Kernfamilie beschließen, Raum für schönes Neues schaffen. Nicht mehr Vater, Mutter, Kind spielen müssen, sondern anders, freiwilliger, freundschaftlicher verbunden sein. Vier Wochen in unterschiedlichen Konstellationen sind geplant, doch haben die Eltern, wie stetig einströmende Informationsschnipsel erst andeuten, dann belegen, die Rechnung ohne die jungen Erwachsenen und auch ohne sich selbst gemacht: Ihre Doppelhaushälfte am Berliner Stadtrand gerät zum vermüllten Partydomizil, was die Nerven der Nachbarn strapaziert. Parallel geht auf der Insel das Chillen in Alkoholexzesse über. Kann das harmonische Dolce Vita der Eltern der rauschhaften guten Zeit der Söhne standhalten?

 

Buchcover von Christiane Frohmanns "Vier Wochen"

»Pando« von Enis Maci und Pascal Richmann

Die Welt ist am Arsch, doch Hans und Reja lieben sich. Gemeinsam fahren sie los. Sie treffen auf ausgehöhlte Landschaften, widersprüchliche Gründungsmythen und Geschichten, die sich um den Erdball spannen. Ein Mormone sucht den Schatz des Moctezuma in der Wüste Utahs. Ein mörderischer Apotheker baut eine Rutsche durch sein Haus. Eine Filmemacherin jagt einen flüchtigen Einbrecher. Und währenddessen rauscht der Wind ungestört, wie vor 40 000 Jahren schon, durch Pando, das größte Lebewesen der Welt.

Enis Maci und Pascal Richmann erzählen von Orten, die sich in die Erinnerung einschreiben, lang bevor man sie selbst betritt. Vom Strudel der Ereignisse, der an uns allen zerrt. Immer der Frage nach: Wie kommt die Gegenwart zustande, und was können wir ihr entgegensetzen?

Buchcover von "Pando"

»Ich ertrinke in einem fliehenden See« von Anna Melikova

Sie kommt von der ukrainischen Krim und ist ganz von der russischen Kultur geprägt. An der Kyjiwer Universität begegnet sie einer Frau, die nur drei Jahre älter ist – und die sie jahrelang in ihren Bann schlägt. Für die Erzählerin ist es die erste Liebe, die auch die einzige bleiben soll. Die Dozentin jedoch besteht auf ihrem Recht, mehrere Frauen gleichzeitig zu lieben. Um sich ihrer Kontrolle zu entziehen, geht sie nach dem Studium nach Moskau, doch kommt sie nicht von ihr los. Mit den Maidan-Protesten und dem Kriegsbeginn 2014 wird der Konflikt zwischen ihnen zu einem politischen. Während die ehemalige Lehrerin der Erzählerin jede Identität abspricht, vor allem die ukrainische, wehrt sie sich nicht nur gegen sie, sondern auch ihren russlandtreuen Vater.

»Ich ertrinke in einem fliehenden See« ist die berückende Selbstbefragung einer Ich-Erzählerin, der die Gewissheiten ihrer Sozialisierung ins Wanken geraten. Aus den Fragmenten ihrer Vergangenheit und den Dokumenten einer zerstörerischen Liebe schreibt sie ein Buch – und gewinnt damit ihre Unabhängigkeit.

Buchcover von Anna Melikovas "Ich ertrinke in einem fliehenden See"

»Odysseus Hund« von Maxi Obexer

»Odysseus‘ Hund« versammelt neben zwei so richtungsweisenden wie ergreifenden Essays Erzählungen und Momentaufnahmen, die hineinleuchten in die Tiefe der einzigartigen und facettenreichen Verbindung zwischen Mensch und Tier. Sie alle bezeugen die lange Geschichte einer gegenseitigen Zähmung, wie sie bisher noch nicht wahrgenommen wurde. Darin geht es um die Löwin des berüchtigten liberianischen Diktators Charles Taylor, der sich täglich an ihrem Stolz berauschte; um den Moment der Leugnung, als Odysseus in seine Heimat zurückkehrt und allein
sein Hund ihn wiedererkennt; oder um einen Neurologen, der es nicht übers Herz bringt, seinen Laboraffen zu töten.
»Zähmen«, so sagt es der Fuchs in Der kleine Prinz, »bedeutet, sich vertraut machen.«
Was das wiederum heißt, veranschaulicht Maxi Obexer eindrucksvoll und vervollständigt so die Geschichte der Menschheit um die der Tiere.

Cover von Maxi Obexers Roman "Odysseus' Hund"

»Zungenbrecher« von Karina Papp

Kiera verlässt St. Petersburg, um in Berlin zu studieren. Zwischen Seminaren und Jobs, Zukunftsangst und Crushes droht sie dort sich selbst zu verlieren. Während sich Kriege und Krisen immer weiter ausbreiten, kämpft sie darum, ihre Träume mit ihrer migrantischen Realität zu vereinbaren. Sie stürzt sich in das Übersetzen von Texten. In den Worten ihrer Vorbilder gräbt sie nach Möglichkeiten des Widerstands und nach ihrer eigenen Stimme. Dabei muss sie sich durch ein Netz aus Erwartungen navigieren: Da ist ihre Mutter, die genau weiß, wie ein richtiges Leben auszusehen hat. Da ist ihr Freund, der ihr Sicherheit verspricht und dafür ein gemeinsames Leben will. Da ist ihre Geliebte, die von ihrem politischen Aktivismus zerrieben wird und dasselbe von Kiera erwartet. Und da ist Kiera selbst, die Liebe von der Welt will, Hoffnung und das Gefühl, dazuzugehören.

»Zungenbrecher« ist Karina Papps Debütroman und Übersetzung zugleich. Auf Russisch, Englisch und Deutsch verfasst und auf Deutsch veröffentlicht, sind Schreib- und Übersetzungsprozess in diesem Buch eng miteinander verwoben. Es entsteht eine einzigartige Poetik, die sanft und schmerzhaft zugleich in ihren Bann zieht.

 

Cover von Karina Papps Roman "Zungenbrecher"

»Anschlussfehler« von Florentin Schumacher

»Mittelfinger der Schicksalsfee: Dass er starb, als ich mich gerade für ihn zu interessieren begann. Mein Kaumvater, dessen Nebenrolle mir endlich halbwegs akzeptabel vorkam, dieser Mann brachte genau dann den Move, plötzlich für immer weg zu sein. Das gab ihm schlagartig eine Präsenz, die er im Leben nicht gehabt hatte.«

Florentin Schumacher erzählt in seinem Debütroman von Verlust, Trauer und den Versuchen, sich davor zu schützen. Von der Sehnsucht nach Nähe und dem richtigen Sicherheitsabstand zu anderen. Und von den Zumutungen des Erwachsenwerdens: Mischkonsum, glänzenden T-Zonen und Pärchenausflügen in die Notaufnahme.

Cover von Florentin Schumachers Roman "Anschlussfehler"

»Wide Bodied Jets» von Christoph Narholz

Die Flugzeuge blieben am Boden. Christoph Narholz verwandelt die Maschinen in Prosastücke zur radikalen Erkundung unserer Zeit.

Ein Zittern der Luft. Die Queen of Soul umarmt John Lennon in einer Bar in Memphis. Ein Tankstellen-Café im Salzkammergut, jetzt zugesperrt. Susan Sontag lebt noch, sie arbeitet und sieht fern in Berlin. Blut für Öl, Flüstern im Bett. Trump beim Tauziehen. Die Keller Europas. Das Reich des Todes in New York. Warum und auf welche Weise rastete Therese von Lisieux aus? Ein langer Mittag neben dem Typ am Straßenrandtisch in einem Münchener Restaurant. Meine unglaublichen Tränen, auch deine, woher?

In scharfen Miniaturen erzählt Christoph Narholz von Epiphanien der Moderne, Dystopien, Streunereien, der Arbeit, von Pandemie und Krieg. Sechsundsiebzig Geschichten sollen es sein, sagt er, so viele, wie die Lufthansa Wide Bodied Jets in der Pandemie stillgelegt hat. Gerahmt werden sie von Selbstgesprächen des Erzählers, oder besser: Fremdgesprächen des Autors mit sich selbst. Sie fragen agil und lästig in tausend Richtungen nach. Wie lebt man im reichen Westen, was für eine unerhörte Existenzweise ist das, welche Moral hält oder fordert sie?

Buchcover von "Wide Bodied Jets" des Autors Christoph Narholz

Autor*innen

Paulina Czienskowski

© William Minke

Paulina Czienskowski lebt und arbeitet in Berlin, wo sie geboren und aufgewachsen ist. Sie veröffentlicht u. a. Texte in der Zeit. 2018 erschien der Erzählband »Manifest gegen die emotionale Verkümmerung« im Korbinian Verlag, 2020 dann ihr Debütroman »Taubenleben« bei Blumenbar, der auf der Shortlist für den EU-Literaturpreis stand. Es folgten Hörspiele für Deutschlandfunk Kultur und Texte für die Theaterbühne. »Dem Mond geht es gut« ist ihr zweiter Roman bei Blumenbar.

Sascha Ehlert

Foto des Autors Sascha Ehlert
© Zeynep Bozbay

Sascha Ehlert, Jahrgang 1987, ist Gründer der Popkulturzeitschrift »Das Wetter – Magazin für Text & Musik, die er seit 2013 leitet. 2014 hat er den Korbinian Verlag mitbegründet und dort als Co-Herausgeber über 20 Bücher betreut. Er schreibt für Zeitschriften und Zeitungen über Musik, Literatur, Kunst und Film – unter anderem für die» taz«, »FAS« und »Die ZEIT«.

Finn Job

Foto des Autors Finn Job
© Jennifer Endom

Finn Job, geboren 1995 in Hannover, lebt in Berlin und Wien. Er studierte vorübergehend Literatur, Philosophie und Kunstgeschichte. Gelegentlich schreibt er Essays, Glossen und Kurzgeschichten für deutschsprachige Zeitungen und Magazine. Sein Schreiben wurde unter anderem vom Deutschen Literaturfonds und vom Berliner Senat gefördert. 2022 erschien sein von der Presse hochgelobter Debütroman »Hinterher«.

Christiane Frohmann

Foto der Autorin Christiane Frohmann
© privat

Christiane Frohmann studierte Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Philosophie und Germanistik an der Freien Universität Berlin und der Yale University, New Haven. Sie lebt in Berlin und ist Inhaberin des mit einem Deutschen Verlagspreis ausgezeichneten Frohmann Verlags, außerdem freie Autorin, Lektorin, Übersetzerin. Als Expertin für Fragen des digitalen Wandels spricht sie auf nationalen und internationalen Konferenzen. Im Auftrag kuratiert sie Veranstaltungen und Publishing-Projekte für Unternehmen und Institutionen, wie etwa die Frankfurter Buchmesse und das Goethe-Institut. Im Internet kennt man Christiane Frohmann als Verfasserin der Phantom-Memes »Präraffaelitische Girls erklären«.