Preise steigen nicht von alleine, es gibt jemanden, der sie aktiv erhöht. Diesen Unterschied zu verstehen, ist elementar und rüttelt an einer noch wenig betrachteten Säule des Kapitalismus – seiner Sprache. Dass Sprache Realitäten schafft und Machtstrukturen festigt, gilt nicht nur für sexistische und rassistische Diskriminierungsformen, sondern auch für unser Gesellschafts- und Wirtschaftssystem. Was steckt hinter Begriffen wie »Rettungsschirm«, »Gratismentalität « und »too big to fail«? Und wie durchzieht das vermeintliche Heilsversprechen des Kapitalismus, jeder sei seines Glückes Schmied, nicht nur unsere Alltagssprache, sondern auch die großen Erzählungen Hollywoods? Der Literaturwissenschaftler Simon Sahner und der Ökonom Daniel Stähr gehen diesen und anderen Fragen nach und führen aus, wie Sprache auch dazu beitragen kann, uns aus der scheinbaren kapitalistischen Alternativlosigkeit zu befreien und Veränderungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
Roter Mai. Bücher und Analysen zur Zeit
14.–23.05.2024
Rot ist die Farbe der Krise, Analyse und Korrektur. Im Roten Mai widmen wir uns an fünf Abenden Neuerscheinungen im Bereich politisches Sachbuch. Dabei geht es nicht um tagespolitische Ereignisse, sondern um die übergeordneten Prozesse, die hier zeitdiagnostisch reflektiert werden. Es geht um gesellschaftliche Dynamiken, Denkweisen und dringende Fragen der politischen Ökonomie.
Kuration
Sebastian Friedrich
Präsentiert von Jacobin
Di. 14.05.2024
»Die Sprache des Kapitalismus«
Preise steigen nicht von alleine, es gibt jemanden, der sie aktiv erhöht. Diesen Unterschied zu verstehen, ist elementar und rüttelt an einer noch wenig betrachteten Säule des Kapitalismus – seiner Sprache. Dass Sprache Realitäten schafft und Machtstrukturen festigt, gilt nicht... weiterlesen
Mi. 15.05.2024
Das Ich und das Wir in Zeiten der multiplen Krise
In einer Zeit, die zunehmend von vielfältigen Krisen geprägt ist, stellt sich die Herausforderung, die planetarischen wie sozialen Grenzen des Kapitalismus zu erkennen und zu verstehen. Auch die Verbindung zwischen Demokratie und Marktwirtschaft sowie die globale Vorherrschaft des Westens bröckeln.... weiterlesen
In einer Zeit, die zunehmend von vielfältigen Krisen geprägt ist, stellt sich die Herausforderung, die planetarischen wie sozialen Grenzen des Kapitalismus zu erkennen und zu verstehen. Auch die Verbindung zwischen Demokratie und Marktwirtschaft sowie die globale Vorherrschaft des Westens bröckeln. All das verstärkt Identitätskrisen und wirkt sich auf das Alltagsbewusstsein aus: Während einige versuchen, die Probleme zu verdrängen, fahren andere die Ellbogen aus, und wieder andere verzweifeln an den Zuständen. Doch was zeichnet die heutige multiple Krise aus? Wie unterscheidet sie sich von früheren Krisenphasen des Kapitalismus? Und wie können wir mit dieser Krise umgehen und Ansätze zu ihrer Überwindung finden? Darum geht es im Gespräch mit Alice Hasters, Autorin des Buches »Identitätskrise« (2023), und dem Politikwissenschaftler Markus Wissen, der gemeinsam mit Ulrich Brand die Bücher »Imperiale Lebensweise« (2017) und »Kapitalismus am Limit« (2024) veröffentlicht hat.
Do. 16.05.2024
Jenseits des Privateigentums: Commonisierung und Vergesellschaftung
Alle bisherigen Versuche, die zerstörerischen Kräfte des Kapitalismus zu bändigen oder zu überwinden, sind gescheitert. Welche neuen Wege in eine solidarische Gesellschaft gibt es? Jonna Klick widmet sich in ihrem (zusammen mit Indigo Drau verfassten) Buch »Alles für alle« (2024)... weiterlesen
Alle bisherigen Versuche, die zerstörerischen Kräfte des Kapitalismus zu bändigen oder zu überwinden, sind gescheitert. Welche neuen Wege in eine solidarische Gesellschaft gibt es? Jonna Klick widmet sich in ihrem (zusammen mit Indigo Drau verfassten) Buch »Alles für alle« (2024) dem Potenzial sozialer Bewegungen und dem Feld der »Commons«, in denen bereits heute selbstorganisiert – jenseits von Markt und Staat – Bedürfnisse verhandelt und befriedigt werden. Was bedeutet es, Revolution nicht als Eroberung der Macht, sondern als Commonisierung der Welt zu begreifen? Darum, der Ideologie des Privateigentums etwas entgegenzusetzen, geht es auch Sabine Nuss in ihrem Buch »Wessen Freiheit, welche Gleichheit?« (2024). Ausgehend von einer grundsätzlichen Kritik des Kapitalismus mit all seinen falschen Verheißungen und vermeintlichen Notwendigkeiten, entwickelt sie den Versuch, Vergesellschaftung jenseits ausgetretener Pfade neu zu bestimmen.
Mi. 22.05.2024
Härten der Klassengesellschaft: Armut, Deklassierung und Klassismus
Ob die Systemrelevanz von Arbeitern, die Kindergrundsicherung oder monatliche Reallohnverluste: Die Klasse ist mit voller Wucht zurück – auch in der Literatur. Olivier David (»Von der namenlosen Menge«, 2024) erzählt in seinen Essays von denen, die unten geblieben sind. Seine... weiterlesen
Ob die Systemrelevanz von Arbeitern, die Kindergrundsicherung oder monatliche Reallohnverluste: Die Klasse ist mit voller Wucht zurück – auch in der Literatur. Olivier David (»Von der namenlosen Menge«, 2024) erzählt in seinen Essays von denen, die unten geblieben sind. Seine Texte zeigen eine Welt, in der die einen mit ihrem Körper für den Wohlstand der anderen bezahlen. Es geht um schmerzende Körper, um Nachtschichten und um ihn selbst. Francis Seeck (»Klassismus überwinden«, 2024) wirft einen Blick auf eine andere Seite der Klassengesellschaft: Die Frage lautet, welche Rolle der Klassismus in all dem spielt. Und Francis Seeck zeigt, wie man bewusst antiklassistisch handeln kann. Lässt sich so einer gerechteren Gesellschaft näherkommen? Und wie schwer wiegen Worte, Anfeindungen und Stereotype angesichts all der materiellen Not?
Do. 23.05.2024
Konzepte für Allianzen: Freund*innenschaft und unteilbare Solidarität
Welche Formen der Solidarität braucht es heute in Zeiten von Krisen und autoritären Entwicklungen? Wie kann, bei allem Trennenden, ein gemeinsames Handeln für gesellschaftliche Verbesserungen entstehen? In queerfeministischen und antirassistischen Bewegungen wird Solidarität ausgehend von Differenz gedacht. María do Mar... weiterlesen
Welche Formen der Solidarität braucht es heute in Zeiten von Krisen und autoritären Entwicklungen? Wie kann, bei allem Trennenden, ein gemeinsames Handeln für gesellschaftliche Verbesserungen entstehen? In queerfeministischen und antirassistischen Bewegungen wird Solidarität ausgehend von Differenz gedacht. María do Mar Castro Varela geht in ihrem (zusammen mit Bahar Oghalai verfassten) Buch »Freund*innenschaft« (2023) dem Konzept der »Freund*innenschaft« als politische Beziehungsweise nach. Atlanta Ina Beyer ist Mitherausgeberin des Bandes »Bite back! Queere Prekarität, Klasse und unteilbare Solidarität« (2024), ein Plädoyer für intersektionale Praktiken der Solidarität. Im Gespräch geht es um Ideen für neue politische Beziehungsweisen und Allianzen im Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung.
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Atlanta Ina Beyer hat an der Carl von Ossietzky Universität mit einer Arbeit zu queeren Utopien promoviert und ist Trainer*in für queere Antidiskriminierungsberatung. An der Schnittstelle von Cultural Studies und intersektionalen Queer- und Gender Studies, forscht sie zu machtkritischen Perspektiven und (ästhetischen) Praxen sozialer Transformation, die in kulturellen und politischen Bewegungen entwickelt werden. Zusammen mit Lia Becker und Katharina Pühl veröffentlichte Atlanta Ina Beyer 2024 das Buch »Bite Back. Queere Prekarität, Klasse und unteilbare Solidarität«.

María do Mar Castro Varela, geb. 1964 in A Coruña ist Diplom-Psychologin, Diplom-Pädagogin und promovierte Politikwissenschaftlerin. Sie ist Professorin für Allgemeine Pädagogik und Soziale Arbeit mit Schwerpunkt Gender und Queer Studies an der Alice Salomon Hochschule Berlin und war u.a. in 2023 Fellow des Thomas Mann House in Los Angeles und in 2021 Sir Peter Ustinov Gastprofessorin am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien. 2017 gründete sie das bildungsLab* (bildungslab.net). Gemeinsam mit Bahar Oghalai veröffentlichte sie 2023 das Essay »Freund*innenschaft. Dreiklang einer politischen Praxis«.

Oliver David, 1988 in Hamburg-Altona, ist Schriftsteller und Kolumnist. Nach seinem Schulabschluss arbeitete er als Kellner, Malerhelfer, Lagerarbeiter und Schauspieler. Mit dreißig gelang ihm der Quereinstieg in den Journalismus. Heutzutage schreibt er viele Kolumnen für die Tageszeitung »nd« und für das Schweizer Magazin »Das Lamm«. Im Mai 2024 erscheint sein Buch »Von der namenlosen Menge«.

Sebastian Friedrich, geboren 1985, ist Autor und Journalist und lebt in Hamburg. Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich mit dem Aufstieg der Neuen Rechten, der Entwicklung des Kapitalismus, Klassenpolitik, Diskursanalyse, Ideologien und Subjektivierung. Gemeinsam mit Denise M’Baye ist er seit März 2023 Host von »Tee mit Warum«, dem Philosophie-Podcast von NDR Kultur. Er hat den »Roten Mai 2024« zusammen mit dem Literaturforum im Brecht-Haus kuratiert.

Alice Hasters, geboren 1989 in Köln, lebt und arbeitet als freie Autorin, Moderatorin und Speakerin in Berlin. Sie war unter anderem für die Tagesschau und das Jugendprogramm Funk tätig und entwickelte Social-Media-Formate für den rbb und Deutschlandfunk Nova. Mit Maxi Häcke spricht sie im monatlichen Podcast »Feuer&Brot« über Feminismus und Popkultur. Für ihre Bildungsarbeit zum Thema Rassismus wurde sie 2020 zur Kulturjournalistin des Jahres gewählt. Ihr Buch »Identitätskrise« erschien 2023.

Jonna Klick, ist Aktivistin, Journalistin und Autorin. Sie schreibt u.a. auf keimform.de und für die Jungle World. Das Buch »Alles für alle« (2024) veröffentlichte sie zusammen mit Indigo Drau.

Sabine Nuss, geboren 1967 in Freiburg, ist Politikwissenschaftlerin, Verlegerin und Autorin und Geschäftsführerin des Karl Dietz Verlags. Ihr Buch Buch »Wessen Freiheit, welche Gleichheit?« erschien 2021.

Ole Nymoen, 1998 geboren, ist Journalist, Podcaster und Autor. Mit Wolfgang M. Schmitt spricht er in dem Podcast »Wohlstand für alle« über Geld, ökonomische Ideengeschichte und politische Ökonomie.

Simon Sahner, geboren 1989, ist freier Autor, Literatur- und Kulturwissenschaftler und Mitherausgeber des feuilletonistischen Online-Magazins »54books«. Zusammen mit Daniel Stähr erschien 2024 das Buch »Die Sprache des Kaitalismus«. Simon Sahner lebt in Freiburg.

Nils Schniederjann ist Journalist in Berlin. Seine Texte sind unter anderem bei der Berliner Zeitung, JACOBIN und Die Presse erschienen. Im Radio hört man ihn vor allem im Deutschlandfunk und Deutschlandfunk Kultur.

Francis Seeck, geboren 1987 in Ostberlin, ist Professor*in für Soziale Arbeit mit Schwerpunkt Demokratie- und Menschenrechtsbildung an der TH Nürnberg. Seit 2010 arbeitet Francis Seeck als Antidiskriminierungstrainer*in und politische Bildner*in. Zuletzt erschienen u.a. die antiklassistische Streitschrift »Zugang verwehrt« (2022) und »Klassismus überwinden Wege in eine sozial gerechte Gesellschaft« (2024).

Daniel Stähr, geboren 1990, ist Ökonom und Essayist. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FernUniversität in Hagen, wo er zum Thema »Narrative Economics« promoviert. Seit 2022 erscheint seine Kolumne »Geldgeschichten« im Online-Magazin »54books«. Zusammen mit Simon Sahner veröffentlichte er 2024 »Die Sprache des Kaitalismus«. Daniel Stähr lebt in Frankfurt am Main.

Ebru Taşdemir, 1973 geboren, studierte Publizistik und Turkologie an der FU Berlin, arbeitete als Dolmetscherin und Journalistin. Sie engagiert sich bei den Neuen deutschen Medienmachern, einem Zusammenschluss von Journalisten mit internationalen Wurzeln. Sie ist Redakteurin des Politik-Ressorts beim Freitag.

Ann-Kristin Tlusty, 1994 geboren, hat Kulturwissenschaft, Psychologie und Soziologie studiert und arbeitet seit 2018 als Redakteurin bei ZEIT ONLINE sowie als freie Autorin für Deutschlandfunk Kultur. Sie schreibt über soziale Ungerechtigkeiten, feministische Fragen und kulturelle Phänomene der Gegenwart.

Markus Wissen, geboren 1965, ist ein deutscher Politikwissenschaftler. Er ist Professor für Gesellschaftswissenschaften mit dem Schwerpunkt sozial-ökologische Transformationsprozesse an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin. Markus Wissen hat gemeinsam mit Ulrich Brand die Bücher »Imperiale Lebensweise« (2017) und »Kapitalismus am Limit« (2024) veröffentlicht.
»BITE BACK! Queere Prekarität, Klasse und unteilbare Solidarität« von Atlanta Ina Beyer (zusammen mit Lia Becker und Katharina Pühl)
edition assemblage, 2024, 248 Seiten
Der Aufstieg der Rechten und die Vielfachkrisen des Kapitalismus bedrohen queere und trans*Leben. Die Grenzen liberaler Identitätspolitik werden immer deutlicher. Steigende Mieten, prekäre Jobs und Altersarmut, Rassismus, Sexismus und Trans*feindlichkeit sind für viele queere Menschen Alltag. Es ist Zeit zurückzubeißen – und zwar gemeinsam! Wie können wir Solidarität in der Differenz entwickeln? Das Buch versammelt Beiträge zu einem herrschaftskritischen Verständnis von queer und trans sowie zu intersektionalen Perspektiven auf Klasse.

»Freund*innenschaft: Dreiklang einer politischen Praxis« von Bahar Oghalai und María do Mar Castro Varela
UNRAST, 2023, 88 Seiten
Gerechtigkeit ist das Ziel, doch mit wem ist dieses zu erreichen? Es handelt sich dabei keineswegs um eine Randfrage, die neben den angeblich zentralen politischen Diskussionen gestellt wird, sondern um ein explizit politisches Thema, das im Zentrum einer jeden sozialen Bewegung steht. Es lohnt sich hier über einen anderen Begriff der politischen Praxis nachzudenken: Freund*innenschaft, meist ins Private verdonnert und aus dem politischen Terrain verdammt. Dabei sind Freund*innenschaften genuin politische Beziehungen, deren grundlegende Charakteristika unseren Blick auf die Welt transformieren. In Zeiten multipler Krisen und wachsender globaler Ungleichheiten, verfolgt dieser Essay bereits bestehende Theorien zur Freund*innenschaft, um diese anschließend für einen Begriff der Freund*innenschaft als politische Praxis produktiv zu machen.

»Von der namenlosen Menge« von Olivier David
HAYMON Verlag, 2024, 176 Seiten
Das Archiv meiner sozialen Wut Geschichten von der unteren Klasse, Literatur über soziale Herkunft – meist sind das Erzählungen von Aufbruch und Aufstieg. Olivier Davids Essays kreisen um diejenigen, die unten geblieben sind. Die, mit den schmerzenden Körpern, die Nachtarbeitenden, die Vergessenen – und um ihn selbst. Wie fühlt es sich an, mit dem eigenen Körper und der eigenen Gesundheit den Wohlstand höherer Klassen zu bezahlen? Was bedeutet es, unten zu bleiben, damit die oberen ihren Status, ihre Macht, ihre Privilegien behalten können? Wie selbstbestimmt kann die Entscheidung, allein zu bleiben sein, wenn soziale Beziehungen durch Vereinzelung, Geldmangel und eingeschränkte Teilhabe unter Druck stehen? Wie soll Geschichte weitergegeben werden, wenn es kein kollektives Gedächtnis armer Menschen gibt?

»Identitätskrise« von Alice Hasters
hanserblau, 2023, 240 Seiten
Wir sind klimabewusst. Wir haben eine Erinnerungskultur. Freiheit und Frieden sind westliche Tugenden. Das erzählen wir uns über uns selbst und über die Gesellschaft, in der wir leben. Doch diese Geschichte stimmt nicht ganz, oder? Wir kaufen in Sweatshops hergestellte Kleidung, schrecken vor unserer Familiengeschichte zurück, und in unserer Gesellschaft grassieren Rechtsradikalismus und Polizeigewalt. Unsere Selbsterzählung stimmt nicht mit der Realität überein. Kein Wunder also, dass wir in einer Identitätskrise stecken. Es ist Zeit, sich dieser Identitätskrise zu stellen und herauszufinden, wer wir wirklich sind, sagt Alice Hasters – denn nur so können sich Menschen und Gesellschaften verändern.

»Alles für alle: Revolution als Commonisierung« von Indigo Drau und Jonna Klick
Schmetterling Verlag, 2024, 180 Seiten
Die sich zuspitzende Klimakrise, macht es deutlich wie noch nie: Wir müssen die Notbremse ziehen. Wir müssen raus aus dem Kapitalismus! Doch je klarer diese Erkenntnis, desto auswegloser erscheint unsere Situation. Denn bisherige Wege, den Kapitalismus über den Staat zu bändigen oder zu überwinden, sind gescheitert.Deshalb sucht dieses Buch nach neuen Wegen in eine solidarische Gesellschaft. Bei Commons, in denen bereits heute selbstorganisiert jenseits von Markt und Staat Bedürfnisse verhandelt und befriedigt werden. Bei sozialen Bewegungen, die das Bestehende in Frage stellen und solidarische Beziehungen aufbauen. Und bei alltäglichen Kämpfen in Betrieben, Stadtteilen und Küchen, in denen Menschen sich dagegen auflehnen, dass ihr Leben von Kapital und Patriarchat bestimmt wird. Doch oft zerschellen diese Ansätze an der Totalität des Kapitalismus, in dem nicht Alles für Alle gilt, sondern Alle für die Kapitalakkumulation. Was bedeutet es also, Revolution nicht als Eroberung der Macht, sonder als Commonisierung der Welt zu begreifen?

»Wessen Freiheit, welche Gleichheit?: Das Versprechen einer anderen Vergesellschaftung« von Sabine Nuss
Dietz Berlin, 2024, 160 Seiten
Im Herbst 2021 stimmte Berlin mit einer spektakulären Mehrheit für die Vergesellschaftung profitorientierter Immobilienkonzerne. Wie die genau aussehen soll, darum streiten seither nicht nur die Fachleute. Diese Debatte birgt die Chance, Vergesellschaftung jenseits ausgetretener Pfade neu zu bestimmen. Das aber setzt voraus, so Sabine Nuss, der herrschenden, auf privater Aneignung basierenden Produktionsweise auf den Grund zu gehen. Sowohl ihre (oft enttäuschten) Verheißungen als auch ihre vermeintliche Naturnotwendigkeit sind wirkmächtige Hürden für das Aufspüren und die Verwirklichung progressiver Alternativen. Erweiterte Fortsetzung von »Keine Enteignung ist auch keine Lösung«.
»Die Sprache des Kapitalismus« von Simon Sahner und Daniel Stähr
S. FISCHER, 2024, 304 Seiten
Wir müssen anders über Geld und Wirtschaft sprechen, wenn wir zu einem gerechteren Miteinander gelangen wollen: Der Literaturwissenschaftler Simon Sahner und der Ökonom Daniel Stähr gehen der Sprache des Kapitalismus auf den Grund. Preise steigen nicht von alleine. Es gibt jemanden, der sie erhöht. Das zu verstehen, ist entscheidend. Sprache schafft Realitäten und festigt Machtstrukturen. Das gilt nicht nur für Diskriminierungsformen wie Rassismus oder Sexismus, sondern auch für unser Wirtschaftssystem, den Kapitalismus. Wenn Ökonomen, Unternehmen und die Politik Finanzkrisen als Tsunamis und Stürme bezeichnen, suggerieren sie ihre und unsere Machtlosigkeit. Es gibt aber Akteure im kapitalistischen System und es gibt Möglichkeiten, auf andere Weise über Geld und Wirtschaft zu sprechen und davon zu erzählen.

»Klassismus überwinden: Wege in eine sozial gerechte Gesellschaft« von Francis Seeck
UNRAST, 2024, 128 Seiten
Eine sozial gerechte Gesellschaft lässt sich allerdings nur dann verwirklichen, wenn neben Klassismus auch andere Machtverhältnisse in den Blick genommen, wenn intersektionale Brücken geschlagen und Bündnisse geschmiedet werden. In Klassismus überwinden zeigt Francis Seeck anhand einzelner Gruppen, Initiativen und Bewegungen, die bewusst antiklassistisch handeln, wie das gelingen kann. Wer wissen möchte, wie wir Klassismus nachhaltig entgegentreten können, welche Wege bereits gegangen wurden und welche noch erprobt werden, wer erfahren möchte, was jede einzelne Person ganz konkret unternehmen kann, um der Vision einer sozial gerechten Gesellschaft näherzukommen, wer sich von Vorbildern und wirkmächtigen Ideen inspirieren lassen möchte, um ins klassismuskritische Handeln zu kommen, der findet in diesem Buch handfeste Vorschläge und ungewöhnliche Denkanstöße.

»Kapitalismus am Limit« von Ulrich Brand und Markus Wissen
oekom, 2024, 304 Seiten
Ulrich Brand und Markus Wissen unterziehen unsere Gegenwart einer kritischen Diagnose. Sie zeichnen nach, wie der Kapitalismus an seine Grenzen gerät, unter Druck gesetzt von sozialen und ökologischen Krisen, aber auch von denjenigen, die die Ausbeutung von Mensch und Natur nicht länger mittragen wollen. Vielfältige Kämpfe entscheiden über die Zukunft der Menschheit, und der Ausgang ist alles andere als gewiss. Wird der Status quo verteidigt und nehmen damit autoritäre Tendenzen zu? Wird sich in Europa ein »grüner Kapitalismus« entwickeln, und welche Folgen hätte dieser für den Rest der Welt? Oder finden wir in eine gerechtere, bessere Art des Wirtschaftens und Lebens?
Aufzeichnungen
Konzepte für Allianzen:
Freund*innenschaft und unteilbare Solidarität
Mit Atlanta Ina Beyer und María do Mar Castro Varela
Moderation: Ebru Taşdemir
Härten der Klassengesellschaft:
Armut, Deklassierung und Klassismus
Mit Olivier David und Francis Seeck
Moderation: Nils Schniederjann
Jenseits des Privateigentums: Commonisierung und Vergesellschaftung
Mit Jonna Klick und Sabine Nuss
Moderation: Ole Nymoen
Das Ich und das Wir in Zeiten der multiplen Krise
Mit Alice Hasters und Markus Wissen
Moderation: Sebastian Friedrich
»Die Sprache des Kapitalismus«
Mit Simon Sahner und Daniel Stähr
Moderation: Ann-Kristin Tlusty
Presse
