Was ist die Welt, wie ist ein Kunstwerk möglich und wie macht man Politik? Diese Fragen hatten bei Georg Lukács immer miteinander zu tun. Was nicht heißt, dass sie mit ein und derselben Antwort zu erledigen wären. Mit dem Rüstzeug des Materialismus ergründet Lukács die Eigenart der ästhetischen Arbeit. »Die Besonderheit der Kunst, also auch des Theaters, unter allen Menschenbeschäftigungen betrifft den bizarren Punkt, dass ihr Praktisches etwas Theoretisches ist: der sinnliche Schein einer unsinnlichen Idee«, sagt Dietmar Dath über Lukács. Materialismus, wie ihn Lukács und vor ihm Marx und Engels meinten, ist ein Denken der Widersprüche.
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Di 01.06.2021
Dietmar Dath »Ästhetische Arbeit bei Georg Lukács«
Was ist die Welt, wie ist ein Kunstwerk möglich und wie macht man Politik? Diese Fragen hatten bei Georg Lukács immer miteinander zu tun. Was nicht heißt, dass sie mit ein und derselben Antwort zu erledigen wären. Mit dem Rüstzeug des Materialismus ergründet Lukács die Eigenart der ästhetischen Arbeit. »Die Besonderheit der Kunst, also auch... weiterlesen
Mi 02.06.2021
Werkstattgespräch I: Ästhetik
Das späte Werk von Georg Lukács umfasst neben seiner „Ontologie“ vor allem „Die Eigenart des Ästhetischen“. Es ist neben Theodor W. Adornos „Ästhetischer Theorie“ der avancierteste Versuch des 20. Jahrhunderts, eine systematische Ästhetik im Geiste des dialektischen Materialismus zu verfassen. Konsequent geht Lukács davon aus, dass das Ästhetische sich aus der Erfahrung des Alltags entwickelt... weiterlesen
Das späte Werk von Georg Lukács umfasst neben seiner „Ontologie“ vor allem „Die Eigenart des Ästhetischen“. Es ist neben Theodor W. Adornos „Ästhetischer Theorie“ der avancierteste Versuch des 20. Jahrhunderts, eine systematische Ästhetik im Geiste des dialektischen Materialismus zu verfassen. Konsequent geht Lukács davon aus, dass das Ästhetische sich aus der Erfahrung des Alltags entwickelt hat – und sich mit dieser Entwicklung eine Eigenständigkeit gegenüber Alltag und auch Wissenschaft ausbildet. Grundlegend ist, dass sich darin jeweils besondere Widerspiegelungsverhältnisse ausdrücken. Entscheidend für Lukács ist, was Bertolt Brecht einmal die „besonderen Spiegel“ der Kunst nannte: die Frage nach dem Verhältnis von Eigenbewegung der Materie und dem Wesen der ästhetischen Widerspiegelung.
Werkstattgespräch II: Theatergeschichte
Der Theaterhistoriker Georg Lukács hat ein vielschichtiges Bild der europäischen Dramenliteratur gezeichnet. Kenntnisreich und nicht ohne klare Urteile schreibt er eine Theatergeschichte, in der er – etwa bei William Shakespeare und Johann Wolfgang Goethe – frühe Vorläufer einer realistischen Kunst ausmacht. Kunstwerke betrachtet Lukács niemals losgelöst von den gesellschaftlichen Umständen, unter denen sie entstanden sind.... weiterlesen
Der Theaterhistoriker Georg Lukács hat ein vielschichtiges Bild der europäischen Dramenliteratur gezeichnet. Kenntnisreich und nicht ohne klare Urteile schreibt er eine Theatergeschichte, in der er – etwa bei William Shakespeare und Johann Wolfgang Goethe – frühe Vorläufer einer realistischen Kunst ausmacht. Kunstwerke betrachtet Lukács niemals losgelöst von den gesellschaftlichen Umständen, unter denen sie entstanden sind. Seine Schriften sind ein Einspruch gegen die faschistische Aneignung progressiver Dramatiker und ein Wegweiser von den bürgerlichen Klassiker zu einer Theaterliteratur in einer wirklich humanistischen Gesellschaft. Lukács‘ Einlassungen zu Zeitgenossen geben auch Zeugnis von den literarischen Gefechten seiner Zeit und widerlegen ein für allemal die Mär von den vermeintlichen Widersachern Brecht und Lukács.
Do 03.06.2021
Werkstattgespräch III: Kritischer Realismus
Die Realismusdebatten reißen nicht ab. Die Diskussion um eine realistische Kunst in den 1930er Jahren – und ihre Wiederaufnahme unter veränderten Bedingungen in der Nachkriegszeit – markieren entscheidende ästhetische Auseinandersetzungen des vergangenen Jahrhunderts, die bis in die Gegenwart nachwirken. Georg Lukács‘ konsequentes Eintreten für den Realismus provoziert bis heute Argwohn. Der genaue Blick auf seine... weiterlesen
Die Realismusdebatten reißen nicht ab. Die Diskussion um eine realistische Kunst in den 1930er Jahren – und ihre Wiederaufnahme unter veränderten Bedingungen in der Nachkriegszeit – markieren entscheidende ästhetische Auseinandersetzungen des vergangenen Jahrhunderts, die bis in die Gegenwart nachwirken. Georg Lukács‘ konsequentes Eintreten für den Realismus provoziert bis heute Argwohn. Der genaue Blick auf seine Plädoyers für eine realistische Kunst auch im Theater zeigt, dass Lukács einen differenzierten Realismusbegriff gepflegt hat. Es war sowohl eine Absage an einen simplifizierten abbildhaften Naturalismus als auch an rein formalistische Experimente ohne Rückbindung an die gesellschaftliche Realität. Es geht noch immer um den Realismus!
Georg Lukács heute
Georg Lukács hat das ästhetische Denken des 20. Jahrhunderts wie kaum ein anderer geprägt. Sein frühes Werk „Die Theorie des Romans“ gilt noch heute als Klassiker einer geschichtsphilosophischen Ästhetik und beeinflusste eine gesamte Generation, mit „Geschichte und Klassenbewusstsein“ verfasste er ein Schlüsselwerk des westlichen Marxismus. Zeitlebens interessierte sich Lukács für das Theater als Kunstform –... weiterlesen
Georg Lukács hat das ästhetische Denken des 20. Jahrhunderts wie kaum ein anderer geprägt. Sein frühes Werk „Die Theorie des Romans“ gilt noch heute als Klassiker einer geschichtsphilosophischen Ästhetik und beeinflusste eine gesamte Generation, mit „Geschichte und Klassenbewusstsein“ verfasste er ein Schlüsselwerk des westlichen Marxismus. Zeitlebens interessierte sich Lukács für das Theater als Kunstform – von seinen Anfängen als Theaterkritiker über Schriften wie „Zur Soziologie des modernen Dramas“ bis zu den geistreichen Studien über einzelne Theaterautoren. Verweise auf das Theater finden sich in all seinen ästhetischen Schriften, wie auch die Auseinandersetzung mit einem Theaterneuerer wie Bertolt Brecht beispielsweise in den Debatten um den Realismus in den 1930er Jahren von kaum zu unterschätzender Bedeutung war. Welche Bedeutung Lukács‘ Denken für unsere Gegenwart hat, soll zum Abschluss der Veranstaltung zunächst auf dem Podium und dann mit dem Publikum diskutiert werden.