© Bundesarchiv 183-M0323-0300_Katscherowski

7. – 8.1.2022

„Werden müssen, was man flieht – ist es unabwendbar?“ Franz Fühmann zum 100. Geburtstag

Franz Fühmann (1922–1984), in der DDR anfangs geschätzt als „Vergangenheitsbewältiger mit der schönen Sprache, den lieben Kinderbüchern und den treffenden Nachdichtungen“, blickte am Ende unter dem Damoklesschwert des Scheiterns auf sein Leben zurück: „so grauenhaft viel vertane Zeit, so viel Gestocktes, so viel Hinausgezögertes, so viel Halbfertiges und Unabgegoltenes, von dem Mißlungenen ganz zu schweigen“. Hier spricht ein nurmehr „geduldeter Außenseiter“ auf scheinbar verlorenem Posten und zusehends ernüchtert vom Hindernislauf innerhalb DDR-spezifischer Kulturbürokratie und Zensur. Dieses Fazit lässt sich nicht dulden – weder aus Lesenden- noch Nachgeborenenperspektive.

Ob Mythos, Märchen, Vergangenheit, Zukunft oder Saiäns-Fiktschen – Franz Fühmann stellte sich seinen Themen und Stoffen zeitlebens in all ihrer Dringlichkeit, immer aufs Ganze aus, im unaufhörlichen Ein- und Umkreisen der Fragestellungen, auf der Suche nach der Funktion von Literatur und im Bannkreis der Begriffe Wahrheit und Würde, Scham und Schuld. Er legte dabei seinen Finger in die Wunden – die gesellschaftlich brennenden wie die eigenen verborgenen, und seine Sorge wuchs nicht zuletzt im Hinblick auf das Überleben der Menschheit angesichts zugespitzter, atomarer Konfrontation zwischen den Gesellschaftssystemen.

Das Literaturforum im Brecht-Haus erinnert in Kooperation mit dem Hinstorff Verlag, der Humboldt-Universität zu Berlin und dem Berliner Zentrum für Kinder- und Jugendliteratur LesArt mit vier exemplarischen Veranstaltungen an diesen, wagt man die Lektüre, hochaktuellen und im gegenwärtigen Literaturbetrieb unverschämt wenig präsenten Jahrhundertautor.

Projektleitung: Kristin Schulz

In Kooperation mit dem Institut für deutsche Literatur der Humboldt-Universität zu Berlin, dem Hinstorff Verlag und LesArt – Berliner Zentrum für Kinder- und Jugendliteratur

Gefördert von der Stiftung Preußische Seehandlung

 

Programm

Fr. 07.01.2022

17:00 bis 18:30
Vortrag, Gespräch
Vortrag Roland Berbig
Im Gespräch mit Nadine Kreuzahler

Franz Fühmann – Lebens- und Schreibblätter (1922–1984)

In Franz Fühmanns Werk und Biografie spiegeln sich die Katastrophen und Konfrontationen des 20. Jahrhunderts paradigmatisch – Erfahrungen und Widersprüche, aus denen Fühmann das Ringen um Wahrheit als obersten Wert von Literatur ableitete. Die eigene Verstrickung in den Nationalsozialismus, die... weiterlesen

In Franz Fühmanns Werk und Biografie spiegeln sich die Katastrophen und Konfrontationen des 20. Jahrhunderts paradigmatisch – Erfahrungen und Widersprüche, aus denen Fühmann das Ringen um Wahrheit als obersten Wert von Literatur ableitete. Die eigene Verstrickung in den Nationalsozialismus, die Erkenntnis, über Auschwitz zum Sozialismus gekommen zu sein, die Frage nach der (Un-)Möglichkeit von Wandlung hat kaum jemand so radikal, lebenslänglich und konsequent durchbuchstabiert wie Fühmann. Roland Berbig stellt diesen außergewöhnlichen Autor in Text, Blatt und Bild vor, moderiert von Nadine Kreuzahler.

Eintritt: 6,- € / ermäßigt: 4,- €
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20:00 bis 21:30
Lesung, Gespräch
Mit Annett Gröschner, Kerstin Hensel, Jochen Schmidt, Julia Schoch und Kristin Schulz

„Staunendes Begreifenwollen“. Autor:innen über ihr Verhältnis zu Franz Fühmann

Fühmanns Zugang zu Dichtung war geprägt von „staunendem Begreifenwollen“ und sein Engagement für Autor:innen sprichwörtlich. „Ich grüße alle jungen Kollegen, die sich als obersten Wert ihres Schreibens die Wahrheit gewählt haben“, lautet die Inschrift auf seinem Grabstein. Annett Gröschner, Kerstin... weiterlesen

Fühmanns Zugang zu Dichtung war geprägt von „staunendem Begreifenwollen“ und sein Engagement für Autor:innen sprichwörtlich. „Ich grüße alle jungen Kollegen, die sich als obersten Wert ihres Schreibens die Wahrheit gewählt haben“, lautet die Inschrift auf seinem Grabstein. Annett Gröschner, Kerstin Hensel, Jochen Schmidt, Julia Schoch und Kristin Schulz stellen sich der Herausforderung und reflektieren ihr Verhältnis zu Fühmann; sie sprechen über Prägungen, Einflüsse und ihre Erfahrungen mit der Dichtung Fühmanns und lesen ihre Fühmann-Lieblingstexte.

Eintritt: 6,- € / ermäßigt: 4,- €
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Sa. 08.01.2022

17:00 bis 18:30
Gespräch
Mit Kristina Andres, Kathrin Buchmann und Wiebke Schleser
Moderation Jana Mikota

„Lob des Ungehorsams“.
Der Kinderbuchautor Franz Fühmann

„Kinder sind das dankbarste, das intelligenteste, das kritischste, das verständigste, das aufgeschlossenste, das sachkundigste, kurzum: das ideale Publikum“, so Fühmann im Gespräch mit Josef-Hermann Sauter. Ob er Kinder zu Sprachspielereien mit Küslübürtün (dem „Großen und erhabenen Geist des Wohlgefallen erregenden... weiterlesen

„Kinder sind das dankbarste, das intelligenteste, das kritischste, das verständigste, das aufgeschlossenste, das sachkundigste, kurzum: das ideale Publikum“, so Fühmann im Gespräch mit Josef-Hermann Sauter. Ob er Kinder zu Sprachspielereien mit Küslübürtün (dem „Großen und erhabenen Geist des Wohlgefallen erregenden Sprachklangs“) oder zu Geschichtsphilosophie mit Prometheus anregte – Fühmann nahm Kinder als Gegenüber in Text und Person ernst. Welche Rolle Illustrationen dabei spielen, darüber kommen die Illustratorin Kristina Andres, Kathrin Buchmann (LesArt) mit Wiebke Schleser (BuchSegler) ins Gespräch, moderiert von Jana Mikota.

Eintritt: 6,- € / ermäßigt: 4,- €
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20:00 bis 21:30
Lesung
Es liest Corinna Harfouch
Einführung Kristin Schulz

„Dem Menschen das Ertragen der Wahrheit zutrauen“. Ausgewählte Texte Franz Fühmanns

„Wird Literatur und Kunst als das gewollt, was beide ihrem Wesen nach sind: als das Unbequeme, als das Salz auf die Wunde, als das Aussprechen dessen, was ist, als Beunruhigung, als Mahnung, als schlechtes Gewissen, als das Kind vor des... weiterlesen

„Wird Literatur und Kunst als das gewollt, was beide ihrem Wesen nach sind: als das Unbequeme, als das Salz auf die Wunde, als das Aussprechen dessen, was ist, als Beunruhigung, als Mahnung, als schlechtes Gewissen, als das Kind vor des Kaisers neuen Kleidern, als Gegenkraft gegen das Verdrängen, als Störenfried, als Schreihals, als Unruhestifter, als der Hecht im Karpfenteich öffentlicher Sattheit, als Skandalon, als Empörendes und Empörer, als Vorlautes, als Maßloses, als Überschreiten von Grenzen, als Infragestellen von Etabliertem, als Zweifel, als Steller lästiger Fragen“ – die einzig mögliche Antwort auf Fühmanns unbequeme Frage bieten die ausgewählten Prosastücke, Briefe, Notate und Passagen, zusammengestellt aus seinem umfangreichen Werk und gelesen von Corinna Harfouch.

Eintritt: 6,- € / ermäßigt: 4,- €
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© privat
Roland Berbig

Literaturwissenschaftler und emeritierter Professor für Neuere deutsche Literatur an der Humboldt-Universität zu Berlin.

K B
Kathrin Buchmann

Sprachwissenschaftlerin und Bibliothekarin. Sie ist für die Programmleitung bei LesArt – Berliner Zentrum für Kinder- und Jugendliteratur zuständig.

© Henning Schossig
Annett Gröschner

Schriftstellerin und Journalistin.

C H
Corinna Harfouch

Schauspielerin.

© Susanne Schleyer
Kerstin Hensel

Schriftstellerin und Autorin.

N K
Nadine Kreuzahler

Kulturredakteurin beim rbb.

J M
Jana Mikota

Germanistin mit Forschungsschwerpunkt Kinder- und Jugendliteratur.

© Susanne Schleyer
Jochen Schmidt

Schriftsteller und Übersetzer.

J S
Julia Schoch

Schriftstellerin und Übersetzerin.

© Privat
Kristin Schulz

Germanistin, Übersetzerin und Autorin.

© privat
Kristina Andres

Malerin, Grafikerin, Illustratorin, Autorin.

© A. Glück
Wiebke Schleser

Buchhändlerin und Gründerin des Buchladens BuchSegler.

Dokumentation

Alle Streams

 

Franz Fühmann – Lebens- und Schreibblätter (1922–1984)

Vortrag von Roland Berbig
Im Gespräch mit Nadine Kreuzahler

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„Staunendes Begreifenwollen“. Autor:innen über ihr Verhältnis zu Franz Fühmann
Mit Annett Gröschner, Kerstin Hensel, Jochen Schmidt, Julia Schoch und Kristin Schulz

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„Lob des Ungehorsams“. Der Kinderbuchautor Franz Fühmann
Mit Kristina Andres, Kathrin Buchmann und Wiebke Schleser
Moderation Jana Mikota

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„Dem Menschen das Ertragen der Wahrheit zutrauen“. Ausgewählte Texte Franz Fühmanns
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