Der Abend präsentiert Texte und neue Erkenntnisse aus Band 6 der Notizbuchedition. Er gibt Aufschluss über Brechts Arbeit mit Notizbüchern und deren Gebrauch als Medium zur Selbstverständigung. Zwei Projekte werden vorgestellt: die als Privatdruck publizierte pornographische Gedichtsammlung »Die Augsburger Sonette« und das über fünf Jahre lang mehrmals neu konzipierte Theaterstück »Der Untergang des Egoisten Johann Fatzer«.
Brecht-Tage 2025
»Glutkern« und »Dreckecke«. Brechts Notizbücher
10.–14. Februar 2025
Bertolt Brecht arbeitete lebenslang gern mit Notizbüchern. Hier notierte er nicht nur die ersten Konzepte für fast alle seiner publizierten Werke, hier hielt er auch anderes, mehr oder minder Belangvolles fest: Ideen für neue, nicht weiter verfolgte Projekte, aufgeschnappte oder ausprobierte Formulierungen, Zitate, Rechnungen, Wegskizzen, Adressen oder Termine. Die Wertschätzung, die Brecht diesem ambulanten Archiv entgegenbrachte, zeigt sich beispielhaft an einer neuen, Anfang 1930 konzipierten Form der Publikation: Mit ihr sollte in Analogie zu den Notizbüchern »in Heften, auch Unfertiges« veröffentlicht werden. Die Idee für die »Versuche«-Reihe war geboren – passenderweise in einem Notizbuch.
Lange wurden Brechts Notizbücher als eigener, in seiner Gesamtheit zu bewertender literarischer Komplex weder ediert noch gewürdigt. Das änderte sich mit Erscheinen der im Bertolt-Brecht-Archiv der Akademie der Künste erarbeiteten und seit 2010 im Suhrkamp-Verlag von Martin Kölbel und Peter Villwock herausgegebenen Ausgabe von Brechts »Notizbüchern« (NBA), die dieses Scharnier zwischen Leben und Werk erstmals erschließt und öffentlich macht. Zur Halbzeit – inzwischen liegen sieben der geplanten vierzehn Bände vor – bietet sich die Gelegenheit, eine Zwischenbilanz zu ziehen und nach der Relevanz von Brechts Notizbüchern und von Notizbüchern überhaupt zu fragen.

Projektleitung Martin Kölbel und Peter Villwock
In Kooperation mit dem Suhrkamp Verlag. Gefördert durch die Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaften und Gedenkstätten aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Mit freundlicher Unterstützung durch das Bertolt-Brecht-Archiv der Akademie der Künste
Programm
Mo. 10.02.2025
Pornographie und Lehrstück. Aus Brechts Notizbüchern
Der Abend präsentiert Texte und neue Erkenntnisse aus Band 6 der Notizbuchedition. Er gibt Aufschluss über Brechts Arbeit mit Notizbüchern und deren Gebrauch als Medium zur Selbstverständigung. Zwei Projekte werden vorgestellt: die als Privatdruck publizierte pornographische Gedichtsammlung »Die Augsburger Sonette«... weiterlesen
Di. 11.02.2025
»Ich sitze auf einem Wust von Papier, Diktaten, Notizen etc.«
Wie entstehen Verse? Was verrät die Arbeitsweise eines Autors über seine Poetik und Poesie? Der Abend beleuchtet den Gebrauchswert von Notizbüchern aus Sicht von Lyrikern und geht der Frage nach, wie zufällige Notizen für die literarische Produktion fruchtbar werden können.... weiterlesen
Wie entstehen Verse? Was verrät die Arbeitsweise eines Autors über seine Poetik und Poesie? Der Abend beleuchtet den Gebrauchswert von Notizbüchern aus Sicht von Lyrikern und geht der Frage nach, wie zufällige Notizen für die literarische Produktion fruchtbar werden können.
Mi. 12.02.2025
»Fetisch, Abfälle, mystische Dokumente«. Präsentation der Notizbücher im Original
Gleichviel, ob sie als Abfall, Material oder Fetisch aufgefasst werden: Alle Papiere Brechts werden heute ebenso nüchtern wie sorgfältig gesichert, verzeichnet, konserviert. Dafür wurde bald nach seinem Tod das Bertolt-Brecht-Archiv gegründet, das heute auch alle 54 überlieferten Notizbücher aufbewahrt. Nicht... weiterlesen
Gleichviel, ob sie als Abfall, Material oder Fetisch aufgefasst werden: Alle Papiere Brechts werden heute ebenso nüchtern wie sorgfältig gesichert, verzeichnet, konserviert. Dafür wurde bald nach seinem Tod das Bertolt-Brecht-Archiv gegründet, das heute auch alle 54 überlieferten Notizbücher aufbewahrt. Nicht nur in ihrem Äußeren, auch in ihrer Anmutung und ihrem Nutzen könnten sie unterschiedlicher kaum sein: Mal mögen sie als Kunst-, mal als Gebrauchsgegenstände erscheinen, mal lassen sie Punkt und Komma zum philologischen Streitfall werden, mal geben sie Anlass für neue Werkdeutungen, mal lassen sie einfach nur ratlos zurück. Der Nachmittag, eine Kooperation mit dem Bertolt-Brecht-Archiv der Akademie der Künste, bietet die Gelegenheit, sich ein eigenes Bild von den Originalen zu machen.
Do. 13.02.2025
»Ein ganzes Arsenal von Material«. Über die Edition von Notizbüchern
Was sind Notizbücher und wie lassen sie sich edieren? Die wissenschaftliche Tagung diskutiert die Bedeutung von Notizen für das literarische Werk verschiedener Autoren und problematisiert die besonderen Herausforderungen ihrer Archivierung, Edition und Interpretation. 9:15 Begrüßung Panel 1 9:30 Theodor Fontane... weiterlesen
Was sind Notizbücher und wie lassen sie sich edieren? Die wissenschaftliche Tagung diskutiert die Bedeutung von Notizen für das literarische Werk verschiedener Autoren und problematisiert die besonderen Herausforderungen ihrer Archivierung, Edition und Interpretation.
9:15 Begrüßung
Panel 1
9:30 Theodor Fontane (Gabriele Radecke)
10:20 Friedrich Nietzsche (Beat Röllin)
11:10 Pause
11:20 Walter Benjamin (Thomas Rahn, Bernhard Veitenheimer)
12:10 Friederike Mayröcker (Susanne Rettenwander)
Panel 2
15:00 Heiner Müller (Kai Bremer)
15:50 Peter Handke (Katharina Pektor)
16:40 Schlusswort
Fr. 14.02.2025
»Auch werden einst wir schrecklich durstig sein«
Notizbücher als künstlerisches Material: Wie lassen sich Notizen als Inspirationsquelle nutzen? In einer literarischen Schnitzeljagd collagieren die beiden Musiker Brechts Notizen zu einer Moritat über den Dichter und seine Zeit: über Chaos und Euphorie, Utopie und Reaktion, über Liebe, Krieg... weiterlesen
Notizbücher als künstlerisches Material: Wie lassen sich Notizen als Inspirationsquelle nutzen? In einer literarischen Schnitzeljagd collagieren die beiden Musiker Brechts Notizen zu einer Moritat über den Dichter und seine Zeit: über Chaos und Euphorie, Utopie und Reaktion, über Liebe, Krieg und Marxismus. Musikalisch pfeifen sie »die schönste Melodie stets auf dem letzten Loch« und rollen einen analog-elektronischen Klangteppich aus, verstärkt mit Ziehharmonika, Trompetengetröte und selbstgebauten Klangkörperelementen.
Dokumentation
Hier erscheinen im Anschluss die Videos der aufgezeichneten Veranstaltungen.
Flyer
Hier geht es zum Download: Brecht Tage 2025 Flyer