Die schöne Menschenliebe

/ 2011
La belle amour humaine

Mit diesem Roman, der ein Jahr nach dem Erdbeben von 2010 erschien, entspannt Trouillot einen Dialog zwischen Thomas, einem haitianischen Touristenguide und Anaise, einer jungen Frau aus einem Land des globalen Nordens, die in Anse-à-Foleur einem kleinen Küstendorf auf der Suche nach den Spuren ihres verstorbenen Vaters ist. Doch die Begegnung zwischen Anaise und Thomas entwickelt sich weg von einer Identitätssuche und der Frage, wie es zu dem Tod von Anaise verhassten Großvater Robert Montès vor mehreren Jahren kam, hin zu einer Reflexion über das gelingende Zusammenleben und das gute Leben, angesichts omnipräsenter Macht- und Ungleichheitsverhältnisse. Auf diese Fragen scheinen die Bewohner:innen von Anse-à-Foleur eine Antwort gefunden zu haben: Die Schöne Menschenliebe! mehr

Warum lesen:

Weil in diesem Roman sozialistische Tendenzen, ein radikaler Humanismus, Kritik globaler und lokaler (kapitalistischer) Verhältnisse, kreyole Ausdrucksformen und Kunst als widerständige Kraft in dem Entwurf einer konvivialen Utopie, zusammenkommen. Dabei gibt der Text seine Komplexität nicht sofort preis, sondern bewahrt sich einen Teil seiner Leichtigkeit und seines Humors.

 

Auf der Liste: Politische Literatur aus Haiti

Deutsche und englische Übersetzungen ausgewählter haititanischer Erzähltexte

Manja. Ein Roman um fünf Kinder

/ 1938/2014

Fünf Kinder werden 1920 in einer Nacht in den unterschiedlichsten Verhältnissen gezeugt. In einem sozialen Psychogramm stellt Gmeiner einen Querschnitt durch die Gesellschaft dar: Die Familie des arbeitslosen Vertreters und späteren SS-Mannes Anton Meißner, die Familie des klassenbewussten Proletariers Eduard Müller, die großbürgerliche jüdische Familie Hartung, die des liberalen Arztes Ernst Heidemann und die verarmte, alleinerziehende Jüdin Lea, deren älteste Tochter Manja ist. Als einziges Mädchen bildet sie den Mittelpunkt der Kindergruppe, die sich immer heimlich zum Spielen an einer Mauer trifft. Dort, am Rande der Gesellschaft und im „Katzenkorb der Kindheit” (1938, 8) haben die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse keine Macht. Mit Erstarken des Nationalsozialismus bricht der Antisemitismus aber auch in diesen utopischen Ort und damit in die Freundschaft der Kinder ein. Nachdem ein Hitlerjunge Manja zu vergewaltigen versucht, begeht sie Selbstmord. Dieser mehrsträngig erzählte Roman gibt realistische Einblicke in die Alltagsgeschichte und zeigt anhand der Kinderfiguren und oft aus deren Perspektive wie der Nationalsozialismus nach und nach die Herrschaft übernimmt. mehr

Warum lesen?

Eine hellsichtige Gegenwartsanalyse der Autorin verknüpft mit realistischen Kinderfiguren, an denen die gesellschaftlichen Veränderungen ihre Spuren hinterlassen, ohne, dass diese als Opfer gezeigt werden.

Auf der Liste: Kinder- und Jugendliteratur des Exils

Literatur als Widerstand