»Die Enkelin oder Wie ich zu Pessach die vier Fragen nicht wusste«

/ 2013

 

In ihrer autobiografischen Erzählung schildert Channah Trzebiner, 1981 in Frankfurt/Main geboren und aufgewachsen, was es für sie bedeutet, als Enkelin von Shoah-Überlebenden »ein Ersatz für ermordetes Leben zu sein.« Im Zentrum ihres Interesses steht die Darstellung transgenerationeller Traumatisierung und ihrer Auswirkungen auf die zweite und vor allem die dritte Generation. In dialogreichen Alltagsszenen – teilweise auf Jiddisch und Englisch – beschreibt Trzebiner ihr von omnipräsenten Erinnerungen an die Shoah geprägtes Familienleben. Das Buch stellt den Versuch einer Benennung ihrer Traumatisierung durch das Trauma der Großeltern dar und damit auch der Befreiung von der Allgegenwärtigkeit der Geschichte der Shoah, die die Ich-Erzählerin-Autorin wie ein »schwarzes Loch« in sich fühlt. Zudem nimmt Trzebiners Nachdenken über die Folgen der Shoah auch die Nachkommen der Täter*innen und Zuschauer*innen des Nationalsozialismus in den Blick, wobei ihr Bewusstsein der gegenwärtigen Wirksamkeit der Vergangenheit sie wiederholt in Konflikt mit nichtjüdischen Deutschen ihrer Generation bringt, die vermeiden oder versäumen, sich für die eigenen Familiengeschichten zu interessieren.

Warum lesen?

Weil dieser autobiografische Bericht über die transgenerationell spürbaren Folgen der Shoah begreifbar macht, wie dringlich die Auseinandersetzung mit der Geschichte der Verfolgung und Ermordung auch für die dritte Generation sein kann. Und weil Trzebiner nicht nur ihre eigene Position als Enkelin von Überlebenden verständlich macht, sondern sich auch um ein Verständnis der Folgen des Schweigens auf der »anderen Seite« bemüht.

[Luisa Banki]

Auf der Liste: 3G

Literatur der dritten Generation