#Transgenerationelle Traumata
Die geheimste Erinnerung der Menschen
/ 2022Wie der Autor selbst stammt der Protagonist Diégane aus dem Senegal und versucht in Paris sein Glück als Schriftsteller. Dabei stößt er auf Spuren des rätselhaften Schriftstellers T.C. Elimane, der Jahrzehnte zuvor ebenfalls aus dem Senegal nach Frankreich kam und dort einen Roman veröffentlichte. Autor wie Roman sind verschollen – doch durch Zufall kommt Diégane an ein Exemplar des Romans, ist zutiefst fasziniert und gerät auf der Suche nach Elimane in immer tiefere Schichten der Vergangenheit. In verschachtelten Erzählebenen erfährt die Leserin zwar mehr als Diégane selbst, dennoch bleibt vieles ungelöst und im Verborgenen. Ob der Roman vorrangig eine Kriminalgeschichte, eine Abrechnung mit Rassismus, Literaturelite und Kolonialismus, eine unglückliche Liebesgeschichte oder die Suche nach einem Zuhause und der eigenen Berufung auf drei Kontinenten ist, bleibt ebenfalls unklar. Eins wird jedoch deutlich: Ein Leben ohne Bücher und Literatur ist unvorstellbar.
Warum lesen?
In Frankreich wurde der Roman mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet, es ist das erste Buch Sarrs, das auch auf Deutsch erscheint. Die Verfasserin dieser Zeilen hat die 448 Seiten des Romans an einem Nachmittag verschlungen und kann nur dazu ermutigen, sich ebenfalls in diese Geschichte zu stürzen!
The book of Emma
/ 2001Emma, so lautet der Name der Frau, deren Bericht die junge Flore in einer Montrealer Psychatrie aufnimmt und die in dem Verdacht steht ihr Kind getötet zu haben. Stück für Stück beginnt die zunächst nüchterne, psychologische Beobachterin Flore, zu verstehen, dass der Ursprung von Emmas Leiden bis in die Zeit der Sklaverei zurückreicht und Teil eines transgenerationellen Traumas ist. Weibliche Genealogien fungieren in diesem Roman als Verankerung und Bedrohung zugleich, während Agnant nach den Logiken weiblichen Wahnsinns fragt. mehr
Warum lesen?
Weil „The Book of Emma“ von kollektiven (traumatischen) Erinnerungen erzählt und dabei Wege findet, weibliche Stimmen und Beziehungen in ihrem destruktiven, widerständigen und befreienden Potential Raum und Wichtigkeit einzuräumen. Und weil Agnant die feministische Kritik an Konzepten des ‚Wahnsinns‘ und psychischer Krankheit um eine postkoloniale Perspektive erweitert.