#Sowjetunion


»A replacement life«
/ 2014
Debütroman des 1979 in Minsk geborenen Autors. Der Protagonist Slawa ist ein sowjetisch-jüdischer Einwanderer in New York und ein aufstrebender junger Autor bei einem hochkarätigen New Yorker Magazin (einem fiktiven New Yorker oder Harpers). Nach dem Tod seiner Großmutter wird Slawa von seinem Großvater angestiftet, sein literarisches Talent dafür zu nutzen, gefälschte Shoah-Biografien für diesen und andere russisch-jüdische Einwanderer zu schreiben, damit sie Entschädigungsansprüche geltend machen können. Während Slawa darum ringt, die komplexen Erfahrungen und Verhaltensweisen der Generation seiner Großeltern (geprägt von Weltkrieg, Shoah, Antisemitismus und Korruption in der sowjetischen Gesellschaft) zu verstehen, hinterfragt er seine eigene Identität im Verhältnis zur amerikanischen und amerikanisch-jüdischen Gegenwart, in der er sein eigenes Leben führt.
Warum lesen?
Fishmans Roman beschäftigt sich mit Kernthemen der Shoah-Erinnerung und der Migration in der dritten Generation sowie mit tiefgreifenden Fragen nach Authentizität und Aneignung. Es ist ein humorvolles und ehrliches Buch, das uns herausfordert, über Fiktion als Rache, als Wiedergutmachung oder als Form von Gerechtigkeit nachzudenken.
[Jonathan Skolnik]


Mauser / Philoktet
/ 1970Heiner Müller, der sicherlich relevanteste Dramatiker der DDR und grandiose Nachfolger Brechts, der seinen Vorgänger insofern an Qualität überragt, als er insbesondere in den späteren Stücken auf jede Moral und jede Botschaft verzichtet: »Mauser“; aber auch »Philoktet«. Die »Versuche zum Lehrstück« sind insofern enorm bemerkenswert, als Heiner Müller das Brechtsche Lehrstück seiner Botschaft – und damit seiner Lüge – entkleidet und die Frage nach dem Verhältnis von Individuum und Kollektiv, essentiell für jede linke Bewegung, nackt, weil sowohl unbeantwortet wie wohl unbeantwortbar, im kahlen, frostigen Raum stehen lässt.


Die Schule der Dummen
/ 1993Es ist nicht ganz leicht, ein Buch zusammenfassen, in dem es um alles auf einmal geht – vom schönen Klang des Sprechens in eine Regentonne bis zur unerwiderten Liebe – und scheinbar nichts zusammenkommt in den Gedanken, Erinnerungen, Wünschen und Handlungen eines russischen Hilfsschülers. Und wenn der auch noch mit sich selbst spricht, und dieses andere Ich sehr gern widerspricht – dann, ja dann ist man schon mittendrin in der »Schule der Dummen.«
Warum lesen
Weil es ein sprachlich komplett überwältigender, inhaltlich hochinteressanter Stream-of-Consciousness eines – ja – dummen Menschen ist.