#Sechzigerjahre
Wie kommt das Salz ins Meer?
/ 1977Ein Klassiker, der seinen beschwerlichen aber erfolgreichen Weg gemacht hat und die Autorin ist auf der Strecke geblieben. Die Protagonistin schleppt sich durch ein bürgerliches Leben mit Ehe, Betrug, Abtreibung, Verletzungen und Enttäuschungen. Für mich beschreibt Brigitte Schwaiger den Wahnsinn der Anforderungen, die in den 1960ern an Frauen gestellt wurden (und immer noch werden); hinter all den gesellschaftlichen Konventionen ist nichts als Abwertung und Ausbeutung der Frauen spürbar. Der herablassende Blick der Patriarchen auf die Protagonistin ist bis in die Jetztzeit spürbar und zeitlos. Die Nazizeit ist schon vorbei, sie wird nicht besprochen, und doch ist sie gespenstisch greifbar. Für mich war das Buch ein Erweckungserlebnis. Es ist voller bösartiger Preziosen, die wie ein feministischer, antifaschistischer, reich bestückter Setzkasten funktionieren. mehr
Warum lesen
Grandiose Aufweckerliteratur! Es lohnt sich auch, sich mit der Rezeption der Autorin auseinanderzusetzen. Sie war eine Pionierin, die zu früh zu viel Erfolg hatte, und eine der ersten Nachkriegsautorinnen im deutschsprachigen Raum, die medial unglaublich gehyped wurden, was einen großen Druck auf Brigitte Schwaiger ausgeübt hat.
Wer glaubt, es ist feministisch alles erledigt, wird hier neu gepolt, auch, oder gerade, weil das Buch aus den 70ern ist. Der Bewusstseinsstrom ist voller tagesaktueller Wahrheiten und Ungeheuerlichkeiten, die nebenbei wirklich süffig zu lesen sind. Auch die Körperlichkeit kommt nicht zu kurz. Ein Text, der spürbar macht, was Literatur kann.