Die Anomalie

/ 2021

Auf Hervé Le Telliers Buch »Die Anomalie« hat mich eine DLF-Besprechung aufmerksam gemacht, die in höchsten Tönen von dem Buch sprach. Das Buch des Oulipo-Autors aus Frankreich ist tatsächlich erst einmal interessant: Ein Flugzeug wird in einem heftigen Sturm kopiert und landet zeitversetzt zweimal. Man folgt den verdoppelten und versetzten Lebensgeschichten. Eine Spitzenidee, die aber real in viele sich doch sehr ähnelnde Mittel- und Upperclassgeschichten zerfällt (immer der einsame 60-Jährige weiße Mann, der es zu keiner Familie geschafft hat) und dann noch ernsthaft verwissenschaftlicht wird, um sich ab der Mitte zu einer Art Krimi zu mausern. Am Ende sitze ich also doch in einer Netflixserie für Reflektierte drin. Schade. Warum kann man nicht diese Behauptung leben lassen und sich mehr auf die Frage konzentrieren, wie das Leben mit Doppelgängern aussieht und was das mit unserer Gegenwart zu tun hat. Aber warum das Buch nicht weiter- oder umschreiben?

Auf der Liste: Kein Vorwärtsgang

Oder?

/ 2021

Jetzt verstoße ich gegen ein eigenes Kriterium. Dieses kleine, großartige Buch habe ich für eine Moderation gelesen. Aber ich habe es auch für die Moderation vorgeschlagen, denn es ist eines der besten, kleinen, großartigen Bücher, die ich gelesen habe (und darunter sind auch Bücher aus der Zeit, als ich viele Bücher las). Es geht darum um Emanzipation, um eine Odyssee, aber auch darum, dass sich die Romanfiguren ihrer Figurenhaftigkeit bewusst werden und anschließend die Kontrolle über den Text übernehmen.

 

Warum lesen

Lesen für eine einmalige metafiktionale Erfahrung, Witz und Fressen.

Auf der Liste: Fünf Bücher aus den letzten siebeneinhalb Jahren