Stella Maris

/ 2023

Dass man einen Roman aufschlägt, der mit einem Dialog beginnt, das ist nichts Ungewöhnliches. Aber ein Roman, der ein Dialog bleibt, und das 239 Seiten durch, das ist dann doch etwas, was mich interessiert – und dann noch von dem Autor der »Straße«. Die Dynamik des Gesprächs bestimmt die Dramaturgie, d.h. auch die Missverständnisse und Sackgassen. Wir erleben einen Psychiater im Gespräch mit einer genialen Patientin, Mathematikerin und Violinistin, die für den behandelnden Arzt eine ganz schöne Herausforderung ist. Ein Buch über existentielle philosophische Fragen und über Manipulation. Und über die Frage nach Normalität, Krankheit und Heilung auf eine Weise, die dem Goedelschen Satz, dass die Mathematik mehr Fragen aufwirft, als sie beantworten kann, entspricht. Dieses Buch ist eigentlich als Zusammenhang mit einem anderen Roman des Autors gedacht, der quasi zeitgleich erschien »Der Passagier«, und beide stellen gewissermaßen das Schweigen des anderen dar. Sie sind sozusagen Zusatzschweigen, aber ich habe das zweite Buch erst angelesen. »Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen«, dieses Wittgensteinzitat nimmt »Stella Marais« als seine eigentliche Herausforderung. Manchmal ist es mühsam zu lesen, wenn eine gewisse Selbstgefälligkeit des Autors einen von einer gedanklichen Pirouette zur nächsten schleudert, aber ich bin doch dran geblieben. Merkwürdig...

Auf der Liste: Kein Vorwärtsgang