Der Heinrich Kleist der Novellen (1927), Meine Biographie (1972)

Diese, mit großem Zeitabstand erschienenen Texte, repräsentieren Fleißers Leben und Werk wie in einem Kaleidoskop: »Meine Biographie« verdichtet Fleißers Lebenslauf zu großer Dringlichkeit, mit Kleist scheint sie eine Spiegelungs- und Reflexionsfigur auch für das eigene Schreiben gefunden zu haben. Zu Kleist schreibt sie: »Es ist, wie wenn er nachsehen möchte, wieviel eigentlich ein Mensch aushalten kann, ob er dann, wenn er ihn durch alle Abgründe geschleift hat, noch ein inneres Leben aufweist.« Dabei sei »seine Teilnahme an seinen Personen ist weit eher als eine von außen betrachtende eine sehr mitbeteiligte, von innen nachspürende; er hat sich ihrer Muskelgefühle bemächtigt, zu seinem Leib gemacht, und geht ihnen mitschwingend von innen nach.« Beides könnte man auch über Fleißers Texte sagen.

Warum lesen:

Verdichtungen: Wie sieht das Konzentrat eines Lebens und das eines Werkes aus?

Auf der Liste: Marieluise-Fleißer-Leseliste

Am Anfang war der Beutel

/ 2021

Immer wieder wurde mir in den letzten beiden Jahren der Name der amerikanischen Science-Fiction-Autorin, Lyrikerin, Prosaautorin und wunderbaren Essayistin zugetragen. Sie gilt mittlerweile nicht nur bei transversalen Denker*innen neben Donna Haraway und Anna Loewenhaupt Tsing als Theoretikerin des Anthropozäns. Ihr Text über die »Tragetaschentheorie des Erzählens« ist eine Aufforderung an uns, auch literarisch andere Wege zu gehen als die des Jagens, Eroberns und Unterwerfens, es ist eine Vorahnung darauf, wie anders auch die Literatur werden muss, will sie nicht Teil des Problems bleiben, das uns in Form von einer multiplen Krise umgibt. Und dazu gilt es, wie so oft, nicht in die Zukunft zu blicken, sondern in die Vorvergangenheit, die uns mehr Optionen bieten kann als wir uns vorstellen mögen. Es ist das Buch zur degrowth-Stunde. Es ist die Abkehr vom Wachstumsimperativ und die ist möglich, wenn wir anfangen, sie zu denken.

Auf der Liste: Kein Vorwärtsgang