Buchcover des Buches „Vor den Vätern sterben die Söhne“ von Thomas Brasch
Buchcover des Buches „Vor den Vätern sterben die Söhne“ von Thomas Brasch

Vor den Vätern sterben die Söhne

/ 1997

Mit einiger Gewissheit einer der größten Texte, die in den letzten fünfzig Jahren verfasst worden sind. Nicht nur ist Thomas Brasch ein Genie der – einfachen – Form, es gelingt ihm auch, ohne ausführlich werden zu müssen, die Tragik eines unauflöslichen Dilemmas in Literatur zu gießen. In diesem Buch schwingt in jeder Zeile zugleich die Trauer über die Unmöglichkeit einer Verwirklichung der sozialistischen Idee wie auch der brennende Wunsch nach eben dieser Realisierung mit, alles gerahmt von einer existentiellen Situation, der Flucht in den Tod, und grundiert von einer vernichtenden Kritik an einem hanebüchen absurden Staat namens DDR. mehr

(Bonus: »Kargo – 32. Versuch auf einem untergehenden Schiff aus der eigenen Haut zu kommen« ; ähnlich geniale Fragmente; ebenfalls oft dem nicht auflösbaren Widerspruch verpflichtet sind.)

 

Auf der Liste: Soziale Kämpfe in Westberlin und Westeuropa

Während der 70er und 80er Jahre des letzten Jahrhunderts sowie einige Ergänzungen und Ausblicke

Bronsteins Kinder

/ 1986

Haben Opfer auch nach 30 Jahren noch ein Recht, Rache an ihren Peinigern zu nehmen? Und sind die Kinder der Opfer ohne es zu wollen vielleicht selbst Opfer? Hat die DDR ihr Versprechen eines ‚besseren Deutschlands‘ eingelöst? Warum laufen dann immer noch ehemalige Täter frei herum? Was heißt es, Mitte der 1970er in Ostdeutschland als Jude erwachsen zu werden? Diese und andere Fragen stehen im Zentrum von Jurek Beckers drittem Roman zum Thema Judentum und Shoah. Hans, der jugendliche Erzähler, ist eigentlich mit Abiturprüfungen, Zukunftsplänen und seiner Liebe zu Martha ganz gut beschäftigt. Doch als er entdeckt, dass sein eigener Vater und zwei andere Überlebende einen ehemaligen SS-Mann entführt haben, ihn gefangen halten und foltern, gerät alles aus den Fugen. Am Ende wird der Tod des Vaters für Hans zum Anlass, diese generationenübergreifende Rachegeschichte auf zwei Zeitebenen und mit zahlreichen Selbstreflexionen zu erzählen. Und wer genau hinliest, stößt auf ein Kapitel, dass beinahe eins zu eins aus dem Drehbuch von Masel Tov Cocktail stammen könnte.

 

Warum lesen

Weil es immer noch zu wenige Texte gibt, die sich mit dem Jüdischsein in der DDR befassen und weil es Jurek Becker gelingt, allen einfachen Antworten aus dem Weg zu gehen.

Bester Satz: »Ein bißchen mehr Zorn auf Lumpen und Mörder könntest du ruhig haben.«

[ssch]

Auf der Liste: Jüdische Rache

Auf der Suche nach Gerechtigkeit in der Literatur nach 1945