#Dämonen
Sanguen Daemonis
/ 2020Zabinis Debüt »Sanguen Daemonis« führt in ein Wien, in dem Dämonen und somit auch von Dämonen besessene Menschen auf staatliche Anordnung getötet werden. Der Roman erzählt dabei von den dämonenjagenden Zwillingen Sivan und Shanna und ihren Vertrauten, Geliebten, Freund*innen Nesrin und Nikola. Dabei liegt der Fokus nicht auf der Jagd auf äußere Dämonen, sondern auf der Konfrontation mit inneren, die die ohnehin blutige Geschichte noch um einiges düsterer und schmerzvoller machen. Diese inneren Dämonen bestehen aus Selbstverletzung, Suizid und Suizidversuchen, Sucht, Missbrauch – Zabini experimentiert dabei auch mit dem in der Progressiven Phantastik mittlerweile häufigen Element der Inhaltshinweise und setzt diese nicht für den ganzen Roman, sondern überschreibt damit einzelne Kapitel, damit Betroffene wissen, an welchen Stellen sie besonders auf sich achtgeben sollten. Die Hauptfiguren sind queer – doch ihre Queerness ist keine Schattenseite ihres Lebens und nicht die Basis für die Heimsuchungen durch Trauma und Schmerz.
Warum lesen
»Sanguen Daemonis« ist ein Beispiel dafür, wie Progressive Phantastik sich neben dem Inhalt auch mit der Erzählform auseinandersetzen kann: Zabini erzählt ihre Geschichte nicht linear – sie beginnt am Ende und springt in der Zeit, schildert Ereignisse, deren Tragweite sich erst viel später enthüllt. Die achronologische Erzählweise ist herausfordernd, aber es lohnt sich.
Das Buch der Augen
/ 2021Früh in ihrer akademischen Laufbahn gescheitert kehrt Renia in ihre Heimatstadt Berlin zurück und treibt durch ein zynisches Millennialleben. Sie ist entfremdet von sich selbst und allen um sie herum, niedergeschlagen von der Perspektivlosigkeit ihres eigenen Lebens und unserer Gegenwart, unfähig, sich und ihre Nöte anderen mitzuteilen und sich als Erwachsene zu begreifen. Erst die Begegnung mit ihrer kompromisslosen, fordernden Großtante gibt ihr ein wenig Halt, lässt jedoch auch die Horrorvisionen erstarken, an denen sie wie der Großteil ihrer Familie väterlicherseits leidet, und die ihr eine dämonische Parallelwelt vorgaukeln. Kann sie die Selbsttäuschung, die sie zu ihrem eigenen Schutz errichtet hat, aufgeben und die dämonische rote Welt jenseits unserer eigenen als Realität akzeptieren?
Warum lesen
Niemann legt erbarmungslos den Finger in die Wunde und schildert Renia als privilegiertes und dennoch verlorenes Kind von Generationen, die die Dämonen ihrer Vergangenheit nicht bewältigen konnten. Renias Millennial-Dasein ist gleichzeitig Metapher und steht ganz offen im Erzähltext; den Zwiespalt zwischen Ohnmacht und Verantwortung schildert Niemann mit leiser, selbsterkennender, berührender Ironie.