»Konzert für die Unerschrockenen«

/ 2013

 

In ihrem autofiktionalen Debütroman entwirft Bettina Spoerri, 1968 in Zürich geboren, die Porträts zweier Frauen aus zwei Generationen. Als ihre Großtante Leah stirbt, fährt Anna von Zürich nach London zur Beerdigung und erhält dort Leahs Tagebücher. Im Folgenden wechselt die Erzählung zwischen Annas Alltag in London, Zürich und Berlin und Leahs Leben als Jüdin und Cellistin zwischen Wien, Shanghai, Palästina und England. Die Ich-Erzählerin Anna integriert in den Text Einschübe aus Leahs Tagebüchern, setzt Schilderungen alter Fotografien in Form sprachlicher Ekphrasis ein und rekurriert auf Anton Tschechows Prosa, Max Rothkos Bilder und die skulpturalen Installationen Rebecca Horns. Zugleich ruft sie Szenen und Erinnerungsbilder aus ihrem Gedächtnis ab, die den wenigen Gesprächen mit der Großtante sowie Erinnerungen an Konzerte und Leahs Cellospiel gelten. Vor dem Hintergrund der Erinnerungsarbeit wird auf der Gegenwartsebene des Romans auch Annas Porträt entworfen.

Warum lesen?

Weil aus dem Erinnerungsarchiv ein lebendiges Bild einer außergewöhnlichen Frau entsteht, die nach der Shoah in Musik und Kunst ein Mittel fand, der Katastrophe zu begegnen, und weil in Spoerris Text die Kunst zum Medium wird, das Wichtigste, oft kaum Aussprechbare auszudrücken.

[Małgorzata Dubrowska]

Auf der Liste: 3G

Literatur der dritten Generation