#Achtzigerjahre
Gedichte einer schönen Frau
/ 1983Auf 128 Seiten zeigen die Gedichte der Performance-Künstlerin, Aktivistin und Autorin Guy St. Louis einen Einblick in West-Berlins lesbisches Leben der frühen 1980er. Kämpferisch, ungefiltert und kraftvoll schreibt sie über ihr Lesbischsein, ihr Schwarzsein und ihr Begehren aus dieser Position heraus. Selbstbewusst, kinky und taff.
Warum lesen?
Ohne den Rassismus und die Homofeindlichkeit der BRD kleinreden zu wollen, finde ich es wichtig zu betonen, dass rassifizierte Queers nicht nur existiert haben, sondern handlungsfähig waren und eine Legacy hinterlassen haben, aus der wir heute sehr viel Kraft und Inspiration schöpfen können – insbesondere, wenn es darum geht, mit einer Selbstverständlichkeit zu einem Begehren zu stehen, welches nicht allen schmeckt.
Begrabt mein Herz am Heinrichplatz
Die Hauptfigur Paul führt die Leser*in durch das Berlin der Hausbesetzer*innen und Autonomen in den 1980er und 1990er Jahren und fokussiert zumeist auf die militanten Auseinandersetzungen. mehr
Hier ist Paul stets mit dabei und durch seine Warte erleben die Lesenden die kleinen Freuden und Triumpfe aber auch die großen Niederlagen der Autonomen im Kampf mit der Polizei, bei der Verteidigung von besetzten Häusern (beispielsweise die berühmte Schlacht um die Mainzer Straße in Friedrichshain) und im Kampf gegen Neonazis. Die Pogrome in Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen stürzen Paul in eine Krise: Weshalb war es den Antifaschist*innen nicht gelungen, dem Mob etwas entgegenzusetzen?
Warum lesen
Der Roman ist in seiner ungebrochen affirmativen Verhandlung von autonomer Militanz ein Werk von erinnerungskulturellem Wert, insofern hier eine ‚Geschichte von unten‘ archiviert und mit ihren Problemen und inneren Widersprüchen ausgestellt wird.
Ministerium der Träume
Nach der Flucht aus dem Iran wächst die Ich-Erzählerin Nasrin mit ihrer Schwester Nushin im Deutschland der 1980er und 90er Jahre auf und sie erleben den Alltagsrassismus ebenso wie die Botschaftsverbrechen des erstarkenden Neonazismus und Rechtsterrorismus. Sie bilden eine antifaschistische Gruppe, trainieren Kampfsport und schulen sich theoretisch. Die Begegnungen mit Neonazis und die antifaschistischen Aktionen sind nicht der primäre Gegenstand, sondern fungieren vielmehr als das unbehagliche Hintergrundrauschen des Romans, der den Antifaschismus aus einer migrantischen Warte perspektiviert. Verlorene und wiedergefundene Freundschaften, migrantisches und queeres Leben in Berlin wie in der Provinz, Familienkonflikte, sowie die Frage nach der Verantwortung, sowohl innerhalb der (Wahl-)Familie als auch für gesellschaftliche Zu- bzw. Missstände werden im Roman verhandelt. Strukturiert wird dieser durch die bohrende Frage nach dem Grund für den tödlichen Unfall von Nushin. War es Mord, Selbstmord oder bloß ein Zufall? Für alle Figuren ist es selbstverständlich, dass sich sowohl bei der Aufklärung Todesumstände als auch bei der Bekämpfung rechter Umtriebe nicht auf die staatlichen Sicherheitsorgane verlassen werden kann. mehr
Warum lesen
Der Roman gewährt einen erhellenden und alternativen Blick auf die deutschen Zustände, schildert die Wut und Verzweiflung angesichts einer diskriminierenden und häufig gefährlichen Umwelt und macht eher nebenbei deutlich, dass Antifaschismus überlebenswichtig ist.