
Fr. 27.11.2015 – Sa. 28.11.2015
Material Müller. Das literarische Nachleben Heiner Müllers
Kaum ein Autor erregte in der ersten Hälfte der 1990er Jahre mehr öffentliches Aufsehen als Heiner Müller. Die Interviews, die er in dieser Zeit gab, füllen 1500 Seiten seiner Werkausgabe. Als Intendant des Berliner Ensembles, als Präsident der Akademie der Künste (Ost) war er einer der wichtigsten Akteure des literarischen Lebens nach 1989. Nachdem seine Gespräche mit der Staatssicherheit bekannt geworden waren, wurde er zudem zu einem der zentralen Gegenstände des sogenannten deutsch-deutschen Literaturstreits. Als er 1995 starb, wurde seine Beerdigung live im Fernsehen übertragen. Seine starke Popularität fiel in eine Zeit, in der Müller als Autor kaum noch produktiv war. Neben einer Reihe von Interviews entstanden eine Autobiographie, die indes auf Interviews beruhte, eine Reihe von Gedichten und ein letztes, unvollendet gebliebenes Drama. Quantitativ ist Müller mehr mit der Kommentierung seines Werks befasst als mit dessen Fortsetzung. Die wenigen literarischen Texte aus dieser Zeit sind deshalb häufig als Dokumente seines Untergangs und des Untergangs der sozialistischen Literatur im Allgemeinen verstanden worden. Der Moment seiner größten Popularität fällt deshalb mit dem Moment seiner Historisierung zusammen.
Der werk- und lebensgeschichtliche Endpunkt wird für andere Autoren zum Ausgangspunkt: Durs Grünbein versteht seine Lyrik als Antwort auf Müller. Reinhard Jirgl siedelt seine Romane in den Ruinen von Müllers Dramen an. Jochen Schmidt irrt durch Berlin auf der Suche nach dem Heilsversprechen Müllers. Sascha Anderson hofft, sich mit seiner Autobiografie ebenso souverän vom Erwartungsdruck der Öffentlichkeit befreien zu können wie Müller. Slavoj Žižek erwägt eine neue Ethik der Gewalt und denkt dabei an Müller. Das Diskurstheater eines Pollesch kann auch als Lösung eines Problems gelesen werden, an dem Müllers Drama scheitert: Wie kommt der Kapitalismus auf die Bühne? Die Tagung möchte am 20. Todestag keinen weiteren Kranz am Müller-Monument niederlegen. Sie fragt, was von Müllers Texten, Statements, Inszenierungen und Selbstinszenierungen bleibt oder verworfen wurde und wird, und wie sich Kritik und Zustimmung, Fortsetzung und Historisierung zueinander verhalten.
9.00–9.45 Uhr Kristin Schulz (Berlin): „Eine Chance haben wir nur, wenn wir einen finsteren Spielplan machen.“ (H. Müller) Zu Anschlüssen Einar Schleefs und Lothar Trolles an Müllers Programm 9.45–10.30 Uhr Norbert Otto Eke (Paderborn): Umschriften, Transformationen, Nachschriften.... weiterlesen
9.00–9.30 Uhr Stephan Pabst (Jena): Einführung / Begrüßung 9.30–10.15 Uhr Alexander Löck (Jena): M by M – der STOFF, die FORM und das NACHLEBEN ALS MATERIAL 10.45–11.30 Uhr Bernadette Grubner (Berlin): „...seine eigene Mafia ist... weiterlesen