Mi. 14.06.2023 / Lesungen, Gespräche
Christian Geissler, Jahrgang 1928, erzählt in seinem Roman von einer jüdischen Familie vom Jahr 1923 bis zu ihrer Deportation im Oktober 1941, vom nicht–jüdischen Gärtner, der ihr Freund war und zugeschaut hat, einem jüdischen Verwandten aus Amerika, der sich gerne das Haus der Familie ansehen möchte und von einem jungen Soldaten, der kurz vor Kriegsende noch sein Bein verloren hat, sich aber nicht für ein Einzelschicksal interessiert. Protagonist ist der junge Klaus Köhler, der im Jahr 1958 wissen will, wie das alles geschehen konnte, wer Verantwortung übernimmt und welche Lehren daraus gezogen werden. Dabei erlebt er, wie im Amt für Wiedergutmachung Hitlers Geburtstag gefeiert wird, ein Abgeordneter und Unternehmer meint, die Juden seien doch selbst schuld gewesen und eine alte Heimatvertriebenen über »russische Banditen« und »polnisches Gesindel« klagt. Am Ende geht Köhler einem der Täter an die Gurgel. Anlässlich der Neuausgabe von Christian Geisslers Roman »Anfrage« soll die Rolle der Literatur in der Diskussion um Verantwortung besprochen werden.