Werkstattgespräch I: Ästhetik
Moderation Daniel Bratanovic
Das späte Werk von Georg Lukács umfasst neben seiner „Ontologie“ vor allem „Die Eigenart des Ästhetischen“. Es ist neben Theodor W. Adornos „Ästhetischer Theorie“ der avancierteste Versuch des 20. Jahrhunderts, eine systematische Ästhetik im Geiste des dialektischen Materialismus zu verfassen. Konsequent geht Lukács davon aus, dass das Ästhetische sich aus der Erfahrung des Alltags entwickelt hat – und sich mit dieser Entwicklung eine Eigenständigkeit gegenüber Alltag und auch Wissenschaft ausbildet. Grundlegend ist, dass sich darin jeweils besondere Widerspiegelungsverhältnisse ausdrücken. Entscheidend für Lukács ist, was Bertolt Brecht einmal die „besonderen Spiegel“ der Kunst nannte: die Frage nach dem Verhältnis von Eigenbewegung der Materie und dem Wesen der ästhetischen Widerspiegelung.
Werkstattgespräch II: Theatergeschichte
Moderation Anja Nioduschewski
Der Theaterhistoriker Georg Lukács hat ein vielschichtiges Bild der europäischen Dramenliteratur gezeichnet. Kenntnisreich und nicht ohne klare Urteile schreibt er eine Theatergeschichte, in der er – etwa bei William Shakespeare und Johann Wolfgang Goethe – frühe Vorläufer einer realistischen Kunst ausmacht. Kunstwerke betrachtet Lukács niemals losgelöst von den gesellschaftlichen Umständen, unter denen sie entstanden sind. Seine Schriften sind ein Einspruch gegen die faschistische Aneignung progressiver Dramatiker und ein Wegweiser von den bürgerlichen Klassiker zu einer Theaterliteratur in einer wirklich humanistischen Gesellschaft. Lukács‘ Einlassungen zu Zeitgenossen geben auch Zeugnis von den literarischen Gefechten seiner Zeit und widerlegen ein für allemal die Mär von den vermeintlichen Widersachern Brecht und Lukács.