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Material Müller Konferenz
© Lothar Deus/ LfB

Veranstaltungsort: Literaturforum im Brecht-Haus

Material Müller. Das literarische Nachleben Heiner Müllers

 

Kaum ein Autor erregte in der ersten Hälfte der 1990er Jahre mehr öffentliches Aufsehen als Heiner Müller. Die Interviews, die er in dieser Zeit gab, füllen 1500 Seiten seiner Werkausgabe. Als Intendant des Berliner Ensembles, als Präsident der Akademie der Künste (Ost) war er einer der wichtigsten Akteure des literarischen Lebens nach 1989. Nachdem seine Gespräche mit der Staatssicherheit bekannt geworden waren, wurde er zudem zu einem der zentralen Gegenstände des sogenannten deutsch-deutschen Literaturstreits. Als er 1995 starb, wurde seine Beerdigung live im Fernsehen übertragen. Seine starke Popularität fiel in eine Zeit, in der Müller als Autor kaum noch produktiv war. Neben einer Reihe von Interviews entstanden eine Autobiographie, die indes auf Interviews beruhte, eine Reihe von Gedichten und ein letztes, unvollendet gebliebenes Drama. Quantitativ ist Müller mehr mit der Kommentierung seines Werks befasst als mit dessen Fortsetzung. Die wenigen literarischen Texte aus dieser Zeit sind deshalb häufig als Dokumente seines Untergangs und des Untergangs der sozialistischen Literatur im Allgemeinen verstanden worden. Der Moment seiner größten Popularität fällt deshalb mit dem Moment seiner Historisierung zusammen.

Der werk- und lebensgeschichtliche Endpunkt wird für andere Autoren zum Ausgangspunkt: Durs Grünbein versteht seine Lyrik als Antwort auf Müller. Reinhard Jirgl siedelt seine Romane in den Ruinen von Müllers Dramen an. Jochen Schmidt irrt durch Berlin auf der Suche nach dem Heilsversprechen Müllers. Sascha Anderson hofft, sich mit seiner Autobiografie ebenso souverän vom Erwartungsdruck der Öffentlichkeit befreien zu können wie Müller. Slavoj Žižek erwägt eine neue Ethik der Gewalt und denkt dabei an Müller. Das Diskurstheater eines Pollesch kann auch als Lösung eines Problems gelesen werden, an dem Müllers Drama scheitert: Wie kommt der Kapitalismus auf die Bühne? Die Tagung möchte am 20. Todestag keinen weiteren Kranz am Müller-Monument niederlegen. Sie fragt, was von Müllers Texten, Statements, Inszenierungen und Selbstinszenierungen bleibt oder verworfen wurde und wird, und wie sich Kritik und Zustimmung, Fortsetzung und Historisierung zueinander verhalten.

In Zusammenarbeit mit der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Institut für Germanistische Literaturwissenschaft und der Internationalen Heiner Müller Gesellschaft Mit freundlicher Unterstützung durch die Ernst-Abbe-Stiftung, Jena
Material Müller. Das literarische Nachleben Heiner Müllers
© Lothar Deus/ LfB

27.11.15
09:00
Tagung (Tag 1)
Veranstaltungsort: Literaturforum im Brecht-Haus

9.00–9.30 Uhr  

 

Stephan Pabst (Jena): Einführung / Begrüßung

 

9.30–10.15 Uhr

 

Alexander Löck (Jena): M by M – der STOFF, die FORM und das NACHLEBEN ALS MATERIAL

 

10.45–11.30 Uhr             

 

Bernadette Grubner (Berlin): „...seine eigene Mafia ist die größte nördlich von Palermo“ – Heiner Müller in den Texten seiner Gegner

11.30–12.15 Uhr            

 

Andreas Degen (Potsdam): Heiner Müller in literaturgeschichtlichen Darstellungen. 1985-2015

 

14.00-14.45 Uhr       

 

Astrid Köhler (London) / Robert Gillett (London): Work in Protest: Weiterschreiben, (Auto)-Intertextualität und die Auseinandersetzung mit der Wende bei Müller und Adolf Endler

 

 14.45–15.30 Uhr            

 

Birgit Dahlke (Berlin): Als das Wünschen noch geholfen hat. Thomas Braschs kommunikative Strategien im Interview 1976 bis 2001

 

15.30–16.15 Uhr             

 

Hans-Edwin Friedrich (Kiel): Ein Autor als Material – Heiner Müller bei Alexander Kluge

 

16.45–17.30 Uhr             

 

Torsten Hoffmann (Frankfurt / M.): Totengespräche. Nachlebendes in/aus Heiner Müllers Interviews

 

 17.30–18.15 Uhr             

 

Heribert Tommek (Regensburg): Der Geschichte die menschliche Haut abziehen. Zum Weiterleben der posthumanen Ästhetik Heiner Müllers bei Thomas Brasch, Durs Grünbein und Reinhard Jirgl

 

 

In Zusammenarbeit mit der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Institut für Germanistische Literaturwissenschaft und der Internationalen Heiner Müller Gesellschaft Mit freundlicher Unterstützung durch die Ernst-Abbe-Stiftung, Jena