Rosemarie Bovier »Geborgte Heimat. Das Schicksal einer donauschwäbischen Dorfgemeinschaft (1763–1989)«
Derhōm und dōhaus – Worte, die das Spannungsfeld der beiden Welten umschreiben, in das Rosemarie Bovier hineingeboren wird und in dem sie nach 75 Jahren immer noch lebt. Derhōm (daheim) ist die Welt der erinnerten Heimat ihrer Eltern und aller Flüchtlinge aus Brestowatz/Bački Brestovac in der Batschka im heutigen Serbien. Dōhaus ist die Welt, in der diese Flüchtlinge seit Kriegsende in Deutschland unfreiwillig leben müssen. In einer Barackensiedlung in der Nähe eines hessischen Dorfes wächst die Autorin mitten unter ihnen auf. Ihre Kindheit steht im Mittelpunkt des 2014 erschienenen Buchs »Heimat ist das, wovon die anderen reden«. Einige Jahre später wird der Autorin bewusst, dass alles, was sie damals über Brestowatz gehört hatte, gefiltert war. Fotografien im Nachlass von Verwandten und ein Notizzettel ihres Vaters, den sie nach seinem Tod findet und der seine Aufenthaltsorte im Zeitraum von 1943 bis 1945 enthält, werden zu stummen Zeugen einer Phase, die totgeschwiegen werden sollte. Die Autorin will verstehen, wie die Mitglieder ihrer Familie und die Dorfbewohner als jugoslawische Staatsangehörige, die sie zum damaligen Zeitpunkt waren, in einer Entfernung von mehr als 1000 Kilometern von Nazi-Deutschland in dessen Sog geraten konnten. Die Ergebnisse ihrer Recherchen fasst sie in ihrem 2022 erschienen zweiten Buch zusammen.